Foto: Michel Majerus Estate

Verwirrspiel um Großskulptur von Michel Majerus - Stadt Stuttgart sagt Ja, das Land zögert.

Stuttgart - Am kommenden Freitag wird im Kunstmuseum Stuttgart die bisher größte Schau zum Werk des 2002 im Alter von 35 Jahren verstorbenen Malers Michel Majerus eröffnet. Dem Berliner Trendmagazin "Monopol" ist das eine 14-Seiten-Strecke wert. Die Vorfreude gilt auch der Fortführung der Schau im Stadtraum.

Die "Monopol"-Macher bringen ihre Majerus-Begeisterung auf eine knappe Formel: "Techno, Computerspiele, Berlin in den 1990ern: Michel Majerus verschlang die Gegenwart und spuckte sie in 1500 Gemälden wieder aus. Die Haltung dahinter ist zehn Jahre nach seinem Tod aktueller denn je." Und Stuttgart ist für die Hommage an den Luxemburger ein besonderer Ort. "Das Werk des Michel Majerus", heißt es in der Ankündigung des Kunstmuseums Stuttgart, "kehrt mit der Stuttgarter Ausstellung an seinen Anfangspunkt zurück: Der Künstler studierte von 1986 bis 1992 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart - unter anderem bei K. R. H. Sonderborg und Joseph Kosuth."

Kunstmuseumsdirektorin Ulrike Groos geht denn auch aufs Ganze. Um die mehr als großen Formate von Majerus zeigen zu können und um den Maler erstmals auch als ins Skulpturale ausgreifenden Gesamtkünstler vorstellen zu können, hat sich Groos entschieden, die bisherige Ordnung im Kunstmuseum buchstäblich zu drehen - Majerus wird in den bisherigen Sammlungsräumen zu sehen sein, die Sammlung dagegen ist von diesem Samstag an unter dem Titel "180·: Die Sammlung im Kubus" in der Art einer Sonderschau auf den drei Etagen des Glaskubus zu sehen - an diesem Samstag und Sonntag übrigens bei freiem Eintritt.

Früh war für Ulrike Groos klar: Der Kraftakt im Inneren des Kunstmuseums muss sich für eine konsequente Annäherung an den ganzen Majerus im Draußen, im Stadtraum, fortsetzen. Und so wirbt die Kunstmuseumsdirektorin seit Monaten dafür, die größte bekannte Arbeit von Michel Majerus in Stuttgart realisieren zu können. Erstmals im Jahr 2000 ist das Werk für den Kölnischen Kunstverein entstanden - "If We're Dead So It Is", eine 46 Meter lange Skaterrampe. Noch ein Bild, schon eine Installation, noch ein distanziertes Kunstwerk, schon ein Projekt, das erst in der und durch die Beteiligung entsteht. In Majerus' Worten: "Man kann keine Kunst mehr machen, die ausschließlich Kunst ist." 2004 war die Rampe ein zweites Mal zu sehen und zu erleben - in Sevilla. Acht Jahre später soll sie jetzt in Stuttgart noch einmal aufgebaut werden. Nicht direkt vor dem Kunstmuseum, sondern vor dem Königsbau auf den Schlossplatz gerückt. Ein Ort mit vielerlei inhaltlichen Bezügen. Majerus' Rampe erinnert an die einstige Skaterszene unter dem Kleinen Schlossplatz stellt damit auch die Frage, wer den öffentlichen Raum wie nutzt beziehungsweise nutzen darf.

Die Stadt unterstützt das für Anfang 2012 geplante Vorhaben, dessen Finanzierung über Sponsoren inzwischen gesichert ist, und kann doch nicht über die Realisierung entscheiden. Die Stadt Stuttgart nämlich ist für den Straßenraum unmittelbar vor dem Kunstmuseum verantwortlich, das Land aber für eine Fläche, die mit einbezogen würde und immer wieder Anlass für Nutzungsdiskussionen gibt - den Schlossplatz. Stuttgarts OB Wolfgang Schuster und Stuttgarts Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann warben im Dialog mit dem für die Landesflächen verantwortlichen Finanzministerium offensiv für das Majerus-Projekt. Entsprechend zuversichtlich zeigte sich Anfang September Ulrike Groos: "Wir hoffen auf grünes Licht."

Solches kam inzwischen auch - vonseiten des Bezirkbeirats Mitte der Landeshauptstadt. Eine Steilvorlage für das Land. Nach Informationen unserer Zeitung sieht man im von Nils Schmid (SPD) geleiteten Finanzministerium indes eher wenig Chancen für das Majerus-Projekt. Mehr noch, auch die in diesem Mai so erfolgreich erstmals an zentraler Stelle auf dem Schlossplatz platzierte Großleinwand des internationalen Trickfilm-Festivals ist für 2012 keineswegs gesichert. Und still begraben ist längst auch die noch von Ulrike Groos' Vorgängerin Marion Ackermann gemeinsam mit Staatsgaleriedirektor Sean Rainbird und Stuttgarts OB Schuster gestartete Initiative, über Kunst neue Qualitäten im Stadtraum zu entwickeln.

Findet die Kunst - und damit auch die Schau zum Werk von Michel Majerus - also doch nur im Saale steht? Nach Informationen unserer Zeitung wird innerhalb des Finanzministeriums eine mögliche Ablehnung der Kulturinitiativen auf dem Schlossplatz mit Verweis auf das dichte Programm rund um das "Wohnzimmer des Landes" begründet. Jetzt schon, so ist zu hören, ballen sich in den erhofften Majerus-Wochen Anfang 2012 zwanzig bis dreißig Veranstaltungen. Man ahnt deren Qualität - und hofft auf eine Ministerentscheidung. Immerhin war Nils Schmid einige Jahre höchst engagierter Vorsitzender des Kuratoriums der Kunststiftung Baden-Württemberg. Kunstmuseumsdirektorin Ulrike Groos hält sich derweil bedeckt - ebenso wie die Macher des Trickfilm-Festivals. Kein Kommentar. Der Finanzminister könnte ihre Mienen aber wohl deutlich erhellen.