Johanna Hutter träumt davon, von ihrer Kunst leben zu können. Foto: Uli Meyer Foto:  

Johanna Hutter hat mit minimalistischem Strich den Walter-Stöhrer-Preis für Grafik gewonnen. Die 30-Jährige hat an der Kunstakademie im Stuttgarter Norden studiert.

S-Nord - Andere Arbeiten machten auf den ersten Blick mehr her. Da wurde mit Material nicht gegeizt, auch die übermittelte Botschaft der Kunstwerke kam kräftig rüber. Und trotzdem entschied sich die Jury des Walter-Stöhrer-Preis für Grafik 2016 anders. Sie gab den Hauptpreis einer Künstlerin, die eine Serie voller zarter, mitunter minimalistischer Werke eingereicht hatte. „Wir sehen viel und zugleich wenig. Gerade das, was zu sagen reicht“, beschreibt Jurymitglied Nikolai B. Forstbauer die Faszination, die von Johanna Hutters Grafiken ausgeht.

„Die Serie ist zwischen 2013 und 2015 entstanden, es sind Erinnerungen an die Oma und die eigene Kindheit“, sagt die Künstlerin. Der Tod ihrer Großmutter vor drei Jahren hat die heute 30-Jährige animiert, „Krankheit und Tod künstlerisch zu thematisieren“. Kaltnadelradierung nennt die Fachwelt das, was die Stuttgarterin zu Papier gebracht hat. „Das ist eine relativ einfach Technik“, sagt Hutter, die Kaltnadelradierungen im Rahmen ihres Studiums an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart gelernt und erprobt hat.

Ganze Sätze in kindlicher Schrift

Einer ihrer Professoren hat Hutter für den Wettbewerb vorgeschlagen. Für die Teilnahme stellte sie eine Mappe mit 15 Stücken zusammen. In vielen ihrer jetzt in der Galerie Parotta Contemporary Art (Augustenstraße 87) bis 14. Januar ausgestellten Grafiken sind ganze Sätze in kindlicher Schrift eingearbeitet. „Sie erzählt eine sehr weiche, persönliche Geschichte, dabei ist der Strich bisweilen sehr roh. Dieser Widerspruch reizt zum näheren Betrachten“, sieht Jurymitglied Forstbauer „eher Untypisches für einen Stöhrer-Preis“ und lobt Hutters Mut: „So etwas trauen sich nicht viele Künstler.“

Unter 27 eingereichten Produktionen wurde sie für den Preis ausgewählt, der mit 2500 Euro dotiert ist. Auch wenn Johanna Hutter von der Auszeichnung bereits am 17. Juli im Rahmen des Semesterabschlussfestes an der Akademie erfuhr, so gibt sie sich auch vier Monate danach bei der Ausstellungseröffnung immer noch überrascht. Das Preisgeld will sie zum Anschaffen von Materialien verwenden. Mehr noch als der finanzielle Aspekt könnte ihre erste Auszeichnung helfen, in der Kunstszene Fuß zu fassen. „Da hilft solch ein Preis dann schon“, hofft Hutter, die in Vaihingen aufgewachsen ist und jetzt in Wangen lebt.

Teilzeitjob für den Lebensunterhalt

Im Dezember 2015 hat sie ihr Studium mit einem Diplom beendet. Von der Kunst leben zu können, „ist mein Traum“, sagt die 30-Jährige. Doch die Realität sieht erst einmal anders aus. Im Landesmuseum hat sie einen Teilzeitjob für die Bestreitung des Lebensunterhalts angetreten. „Und nebenher mache ich Kunst“, so Hutter. Da ist sie kein Einzelfall. 85 von 100 Künstlern, schätzt Experte Forstbauer, geht es genauso. Als Nächstes schwebt ihr die Produktion eines Zehn-Minuten-Filmes vor, aber es soll weiter auch Radierungen geben.