Die Vaihinger Steinbrecher Foto: Bernklau

Die Bildhauerin Hanne Schorp-Pflumm hat mehr als jeder andere ihre künstlerischen Spuren im Ort und im Bezirk hinterlassen.

Stuttgart-Vaihingen - Eine Serie über „Kunst im öffentlichen Raum“ kann in Vaihingen eigentlich nur mit einem Namen beginnen: mit dem der Bildhauerin Hanne Schorp-Pflumm, die mehr als jeder andere ihre künstlerischen Spuren im Ort und im Bezirk hinterlassen hat. Im Juni 1990 ist die bedeutende Künstlerin in ihrem Wohn-Atelier-Haus in Büsnau gestorben, wo sie seit 1956 gelebt und gearbeitet hatte. Es heißt, sie sei, noch keine 70 Jahre alt, einer Staublunge erlegen, die sie sich durch ihre Arbeit am Stein zugezogen habe.

Die markantesten und zentralsten Werke von Hanne Schorp-Pflumm finden sich beide gegenüber dem Rathaus, das eine vor der Schwabengalerie, das andere an der Stuttgarter Volksbank. Beides sind Bronzen, beides Figurengruppen. Nur ist die eine, die „Vaihinger Steinbrecher“, ein frei stehendes Ensemble, während die andere, die „Marktplatzhocker“ an der Bank, eine Art Halbrelief über Eck bildet. Obwohl beide in den 80er-Jahren geschaffen wurden, sind sie doch fast schon gegensätzlich in ihrem Charakter und auch in ihrem Stil ein wenig verschieden. Ernst, fast melancholisch das eine, lustig, fast übermütig und leicht karikierend das andere.

Schorp-Pflumm kann den Charakter eines Menschen erfassen

Die „Vaihinger Steinbrecher“ erinnern an ein Gewerbe, für das Vaihingen lange bekannt war. Noch vor gut hundert Jahren, erzählt der frühere Bezirksvorsteher Walter Mezger, seien in weit über hundert Steinbrüchen jene Pflastersteine gewonnen worden, die von Pflasterern dann in der ganzen Region und darüber hinaus verlegt wurden. Drei Männer, einer davon wie erschöpft sitzend, stellen mit ihren Mützen, mit schwerem Hammer, Meißel und Tragebutte die Härte der Arbeit dar. Ihre besondere anrührende Spannung bekommt die Gruppe durch das gegenüber leicht abgesetzte Geschwisterpaar, das sich den Männern zuwendet, wobei der kleine Bub an der Hand seiner Schwester den Blick aber ganz woandershin gerichtet hat, rüber Richtung Rathaus.

Die fünf ausdrucksstarken Gesichter zeigen das, was ihr Förderer Walter Mezger an Hanne Schorp-Pflumm so hoch schätzte: ihre einfühlsame Fähigkeit, den Charakter und das Wesen eines Menschen, eines Gesichts zu erfassen und wiederzugeben. In humoristischer Art zeigt sich das auch bei den „Marktplatzhockern“ mit dem markanten Flötenspieler als Zentrum. Die anderen, auch das neckisch neugierige Kind, wirken ein wenig gelangweilt, beschränkt, wenn nicht gar ein bisschen doof. Aber das ist alles noch liebevoll, nicht verächtlich.

Die Künstlerin musste ihre Zwillinge alleine groß ziehen

Hanne Schorp-Pflumm war 1921 in Stuttgart geboren worden und hatte zunächst an der Kunstgewerbeschule, dann an der Akademie bei Fritz von Graevenitz studiert, der mit seiner Mischung aus Realismus und Expressionismus bei den herrschenden Nationalsozialisten wohlgelitten war und Karriere machte, während im Stil ähnliche Künstler wie etwa der große Ernst Barlach oder die Vertreter der Neuen Sachlichkeit in zunehmende Distanz zum Regime rückten. In München hatte die damalige Hanne Pflumm ihre Studien beendet und durch einen Italienaufenthalt ergänzt.

Im Krieg heiratete sie den Innenarchitekten Franz Schorp. Der junge Ehemann wurde eingezogen. Die Todesnachricht von der Ostfront kam bereits, als die Zwillinge Ute und Sibylle noch gar nicht geboren waren. Ausgebombt und ganz auf sich gestellt, zog Schorp-Pflumm ihre Mädchen alleine groß. Geheiratet hat sie nie wieder. 1956 zog sie nach Büsnau und blieb dort.

Auf dem Buchrainfriedhof hat sie das Mahnmal für die Opfer von Krieg und Gewalt unentgeltlich gestaltet. Nicht weit vom Markt steht ihr „Hopfenbrünnele“, auf dem Büsnauer Spielplatz ihr „Reigen“ tanzender Kinder aus Sandstein. Sie sollen in späteren Folgen vorgestellt werden.