Das Buswartehäuschen am Schmalzmarkt soll schöner werden. Foto: Sascha Maier

Der provokante Grafitti-Künstler Peter Kosock bemalt die Haltestelle am Schmalzmarkt – und will zur Abwechslung positive Gefühle vermitteln.

S-Ost - Ein Vogelhäuschen, das auf zwei Menschenbeinen läuft, ein Elefant mit seltsam abgeknickten Beinen – alles in Pastellfarben. Für den im Stuttgarter Osten lebenden Graffiti-Künstler Peter Kosock sollen die Motive, die etwa ein Siebtel der ungefähr 20 Quadratmeter großen Fläche des Buswartehäuschens an der Haltestelle Gablenberg gegenüber des Schmalzmarkts zieren, positive Gefühle ausdrücken. „Negativ sein kann heute doch jeder“, sagt der 33-Jährige.

Seit etwa einer Woche malt Kosock an dem Bild, das vom Aufbau her ein Kirchengemälde werden soll. Wann er fertig ist? In einem Jahr vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Ein Bild sei ohnehin nie fertig – es gebe höchstens einen guten Zeitpunkt, um aufzuhören. Finanziert wird das ganze mit 1000 Euro aus dem Verfügungsfonds des Sanierungsprogramms Soziale Stadt.

Zuvor wurde das Häuschen mit eher weniger kunstvollen Graffiti versehen. Kosock soll das jetzt ändern. Im Rahmen des Kunstprojekts namens Kunstschlacht hat er bereits in der Staatsgalerie ausgestellt – aber genießt auch unter Graffiti-Künstlern, die vor allem im öffentlichen Raum aktiv sind, meist hohes Ansehen. Vor 16 Jahren zog er aus Halle an der Saale hierher. Bereits im Alter von 11 Jahren hat Kosock damit begonnen, Kunst zu machen. Trotz aller fachlicher Fähigkeiten, die ihm kaum jemand absprechen möchte, gilt er nicht als einfacher Künstler. Sondern als einer der Provokateure in Stuttgarts Kunstszene.

Clubbesitzer als Karikatur

Graffiti-Künstler, die früher illegal Züge der Bahn bemalten und heute Auftragsarbeiten von dem Konzern entgegennehmen? Nicht glaubwürdig. Für Kunst als „Happening“, wie er es nennt, „für hippe Bildungsbürger“, hat er genauso wenig übrig. Das ist aber noch gar nichts verglichen mit dem, wenn Kosock richtig sauer wird. So geschehen bei einem Stuttgarter Clubbesitzer, der Künstler engagierte, die seine Räumlichkeiten verschönern sollten. Darunter auch Kosock. Unzufrieden mit den Konditionen, malte dieser den Inhaber des Clubs als Karikatur an die Wand – nackt, die Künstler ausbeutend, zu sexuellen Dienstleistungen nötigend.

Juristische Folgen hatte das nicht – Kunstfreiheit ist rechtlich schließlich ein hohes Gut. Dennoch zementierte Kosock mit Aktionen wie dieser seinen Ruf als Krawallkünstler.

Situation für Künstler verbessert sich

Doch ist so einer der Richtige, eine Bushäuschen in unmittelbarer Nähe zu einer Kita zu verschönern, dort, wo sich um die Ecke auch Kaffeekränzchen treffen? Kosock gibt Entwarnung. „Auf dem Kunstwerk wird kein Phallussymbol zu sehen sein“, verspricht er. Im Allgemeinen habe sich die finanzielle Situation für Streetart-Künstler in den vergangenen Jahren in Stuttgart deutlich verbessert. Zumindest für professionelle wie ihn, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. „Trotzdem braucht Stuttgart mehr Freiflächen“, sagt Kosock. Solange es diese nicht in ausreichendem Maße gebe, brauche sich die Stadt über Schmierereien nicht wundern. Schließlich könnte auch sein Buswartehäuschen zur Zielscheibe illegaler Graffiti werden.