Alex Wunsch zeigt auf dem Marienplatz seine Foto von syrischen Flüchtlingen. Organisiert wurde die Aktion von Petra Weimer und Roxanna Naranjo (kleines Bild, von links). Foto: Petra Mostbacher-Dix

Auf dem Marienplatz sind Fotografien von syrischen Flüchtlingen in Stuttgart zu sehen.

S-Süd - ISiS = ASSad Ursprung des Terrors“. Rot und Schwarz prangen die Wörter auf dem großen Plakat, das der Mann auf der Königstraße auf dem Rücken trägt. Eine Frau wiederum hält ein Papier vor ihr Gesicht, auf dem eine blutende Taube zu sehen ist – und der Satz „Retten Sie Aleppo“. Das sind nur zwei der Bilder des Fotografen Alex Wunsch, die derzeit im Café Condesa im Stuttgarter Süden ausgestellt werden. Sie verweisen auch auf den öffentlichen Raum. Auf dem angrenzenden Marienplatz ummanteln schwarz-weiße und farbige Banner die gläsernen Aufzugschächte: Porträts von Männern und Frauen und Einblicke in private Sphären, mal auf einen Balkon, mal vor einer Couch.

Die Gezeigten sind syrische Flüchtlinge in Stuttgart. Zweieinhalb Monate lang hat sie Alex Wunsch, zusammen mit der Journalistin Laura Walter, etwa ein Dutzend Menschen in und um die Landeshauptstadt getroffen. Geflohene, die erst Anfang 2016 nach Deutschland kamen, sich derzeit mit einer neuen Sprache, Bürokratie und schwierigen Wohnverhältnissen in Flüchtlingsunterkünften auseinandersetzen. Bereits Anerkannte, die in einer eigenen Wohnung leben und versuchen heimisch zu werden. „Syrien – Krieg, Flucht, Ankunft“ heißt das Ausstellungsprojekt, das vom Institut français organisiert wurde – zusammen mit Inter Kultur Foto Art. Letzteres ist ein Zusammenschluss von Künstlern, Grafikern und Kuratoren im deutsch-französischen Kontext, die Fotoausstellungen und Dokumentationen im öffentlichen Raum realisieren. Ihr Ziel: kulturelle, soziale und politische Hintergründe aufzuzeigen.

Zum zweiten Mal zeigen die Künstler ihre Werke im Stuttgarter Süden

Bereits zu den 15. Französischen Kulturwochen 2014 präsentierte die Gruppe vom Erwin-Schoettle-Platz bis zum Marienplatz Fotoarbeiten deutscher und französischer Künstler. Damals wie auch jetzt hat die Stuttgarter Schauspielerin und Regisseurin Petra Weimer mit der Bühnenbildnerin Roxana Naranjo-Gamara und der Kuratorin Emmanuelle Halkin die Ideen konzipiert und die Projekte umgesetzt. „Während im Institut français Bilder von Krieg und Flucht ausgestellt sind, wollten wir hier im öffentlichen Raum das Ankommen in einem neuen Land zeigen“, erläutert Roxana Naranjo-Gamara, Pariserin, die nun in Stuttgart lebt.

Im französischen Institut sind Werke von Jérémy Saint-Peyre, Laurence Geai und Muzaffar Salman zu sehen. Während der Franzose Saint-Peyre, die Situation in Flüchtlingslagern der Türkei und Libanon aufnahm, dokumentierte die Pariserin Geai in Kobane, Kurdistan, Syrien und Griechenland. Vom syrischen Fotografen Salman sind wiederum Bilder zu sehen, die während des Kriegs bis zu seiner Ausreise nach Frankreich 2014 entstanden. „Nach Krieg und Flucht wollte wir zeigen, wie es weitergeht danach und suchten einen Fotografen, der sensibel genug war, auf die Menschen und ihre Schicksale einzugehen“, beschreibt Naranjo-Gamara. Und den fanden sie eben in Alex Wunsch. Über Inter Kultur Foto Art beauftragten sie ihn und die Journalistin Laura Walter, eine Reportage über syrische Flüchtlinge in Stuttgart zu entwickeln. Aus Lauras Aufzeichnungen, in denen die Flüchtlinge nicht nur von Heimat und Flucht, sondern der Brisanz des Konflikts sprechen, entstanden auch die Bildtexte. Da berichtet einer der Protagonisten: „Mit einer Kamera bist du für Assad gefährlicher als mit einer Waffe.“

Im öffentlichen Raum erreicht man unterschiedlichere Menschen

Dass dies nun – mit Absegnung des Bezirksbeirats Süd – nicht nur im Institut français, sondern auch auf dem Marienplatz präsentiert wird, freut Weimer und Naranjo-Gamara. „Im öffentlichen Raum erreicht man unterschiedliche Menschen, auch jene, die nicht in Ausstellungen gehen“, so Naranjo-Gamara. „Das kann ein Bewusstsein schaffen.“