Die Galerie AK2 lädt zur l’heure bleue. Foto: Andreas Körner

Mit einem kleinen Festival für Auge, Ohr und Nase würdigen Künstler und Musiker im Stuttgarter Süden die Abenddämmerung.

S-Süd - L’ heure bleue, die Blaue Stunde, ist eines jener physikalischen Phänomene, das Kunst und Dichtung ins Herz geschlossen haben. Gottfried Benn beispielsweise erdichtete eine späte Liebe, die sich zur blauen Stunde ereignet. Und auch heute noch setzt diese Phase der Dämmerung nach Sonnenuntergang und vor Eintritt der nächtlichen Dunkelheit, poetische und musikalische Fantasien frei. Denn das Blau des Himmels hat dann eine besondere spektrale Zusammensetzung, die ihm eine unwirkliche, magische Wirkung verleiht. Das kann hörbar und offensichtlich zu kreativen Schüben führen. Das Stuttgarter Kollektiv für aktuelle Musik (Skam), der Künstler Laurenz Theinert und die Galerie AK2 haben gemeinsam beschlossen, diesen Output zu bündeln und daraus ein kleines, viertägiges Kunst- und Musikfestival zu destillieren, das am morgigen Donnerstag, 5. Oktober, beginnt. Es nennt sich L’heure bleue und ist die erste Kooperation zwischen den Musikern aus dem Stuttgarter Westen und der Galerie im Süden. Sie eint der Wunsch, den öffentlichen Raum zu bespielen, was beide in der Vergangenheit auf ihre je eigene Weise praktiziert haben. Nun also gehen sie vereint ans Werk.

Olfaktorische Momente

Jeweils während der blauen Stunde, die sich mit geografischen Koordinaten exakt ermitteln lässt, verwandeln sie die Lorenzstaffel zwischen Alexander- und Danneckerstraße in einen Wahrnehmungsparcours. Fünf Flaneure, die mit Beamern, Sound und Fächern ausstaffiert sind, bespielen etwa 30 Minuten lang die Treppe, berichtet AK2-Galerist Winfried Stürzl. Zu Gehör kommen dabei Soundschnipsel von Skam-Musikern. Die Künstlerin Sigrid Sandmann projiziert Bilder und Texte auf die Stufen und Claudia Vogel träufelt olfaktorische Momente hinein. Die schweizer Künstlerin hat in Zusammenarbeit mit einer Parfümeurin für die Performance einen Duft kreiert, dessen Essenz von Blüten stammt, die in der Abenddämmerung zu duften pflegen, verrät Winfried Stürzl.

Zwei Uraufführungen

Doch bevor jeweils kurz vor 19 Uhr das subtile Spektakel auf der Lorenzstaffel beginnt, können die Besucher am Donnerstag, 5. Oktober, und am Samstag, 7. Oktober, in der Katharinenkirche, Katharinenplatz 5, Neuer Musik der Skam-Musiker lauschen, die bei einer öffentlichen Probe erklingt. Am Freitag findet keine Probe statt, da ist in der Kirche Gottesdienst, und am Sonntag erklingt dort um 20 Uhr das Abschlusskonzert zur L’heure bleue. Zu Gehör kommen dabei unter anderem zwei Uraufführungen aus den Reihen der Skam-Leute.

An den übrigen Tagen – Donnerstag bis Samstag – findet man sich nach der Staffel -Performance in der Alexanderstraße, direkt neben der Staffel in der Galerie AK2 zur „Blue After Hour“ ein. Hier erwarte die Besucher ein sinnliches Wechselbad aus „Screening, Lesung, Essenz“, so Stürzl.