Bringt Frische ins Amt: Kulturbürgermeister Fabian Meyer Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

In den Sommerwochen treffen sich unsere Kulturredakteure mit Kulturschaffenden zum Frühstück in der Stadt. Diesmal mit dem Kulturbürgermeister Fabian Mayer, der sich einen Zettel mit Aufgaben für acht Jahre angelegt hat.

Stuttgart - Der Mann ist gerade richtig entspannt. An einem der vermutlich letzten warmen Sommertage hat Fabian Mayer bei „Tarte & Törtchen“ Platz am offenen Fenster genommen. Zwar locken im Tresen der schnuckeligen Patisserie in der Gutbrodstraße vor allem die kunstvoll komponierten süßen Sünden aus Creme, Biskuit und Sahne; Mayer entscheidet sich dann aber doch für ein klassisches kleines Frühstück mit Kaffee, Orangensaft, Brötchen, Konfitüre und Ei. Wie viel Zeit hat er mitgebracht? „Ich muss nachher zum Kollegen Föll, Vorbereitungen für den Doppelhaushalt. Aber jetzt bin ich erst einmal hier.“ Ganz entspannt eben.

Vor einem knappen Jahr war Fabian Mayer nicht so entspannt. Am 22. September 2016 sollte der Stuttgarter Gemeinderat einen neuen Bürgermeister wählen – und er war der Kandidat: ein junger, gerade mal 35-jähriger Wirtschaftsjurist, erst seit sieben Jahren CDU-Abgeordneter, und dann auch noch für eine bis dato im Rathaus fremde Referate-Kombi aus Allgemeiner Verwaltung, Kultur und Recht. Da hatte es im Vorfeld recht ordentliche Personalquerelen gegeben, was an Mayer natürlich nicht gänzlich spurlos vorübergegangen war. Bevor es im Gemeinderat ernst wurde, „habe ich morgens einen langen Spaziergang durch das Remsbachtal gemacht“, verriet er später. „Ich habe mich auf eine Bank in die Sonne gelegt, Musik gehört und versucht, mich etwas abzulenken.“ Aber es ging dann auch alles gut: 38 Ja-, 17 Nein-Stimmen, zwei Enthaltungen.

Jetzt sitzt er tief im Stuttgarter Westen und sagt beiläufig (eigentlich ist man thematisch gerade woanders): „Überlegen Sie mal, wir versammeln demnächst in Stuttgart Teodor Currentzis, Cornelius Meister und Dan Ettinger als Dirigenten unserer drei großen Orchester. Das zeigt doch, wie groß unsere Anziehungskraft als Kulturmetropole ist und wie stark unsere Leistungskraft.“ Wer mag da noch die Bedenken mancher Kulturschaffender teilen, Mayer habe eigentlich gar kein Interesse an der Kultur, wolle das Amt nur als politisches Sprungbrett nutzen für noch viel höhere Ämter. „Nein, ich spüre nichts von Misstrauen in der Szene gegen meine Person. Mein Einruck ist, wo ernsthaft Gespräche miteinander geführt werden, entsteht sofort Vertrauen.“

„Einige Ideen bleiben erstmal in meinem Kopf“

Acht Jahre währt eine Bürgermeister-Amtszeit, und exakt diese acht Jahre hat Mayer jetzt im Blick: „Es war ja auch spannend zuvor in der Wirtschaftskanzlei.“ Es wirkt nicht, als habe der Familienvater aus Schönberg einen Masterplan für seine Laufbahn in der Tasche. Wohl aber hat er einen Aufgabenzettel für acht Jahre Bürgermeisterei: „Ich habe eine persönliche To-do-Liste erstellt, was ich in meiner Amtszeit in der Kultur der Stadt verbessern möchte.“ Na, das ist doch mal interessant; können wir bitte Näheres erfahren? „Manches ist schon angestoßen, manches schon in der Debatte. Aber einiges lasse ich auch als Idee einfach noch in meinem Kopf.“

„Zukunftslabor Kultur“ – das ist eines der Projekte, die Mayer schon auf den Weg gebracht hat. Das Kulturamt soll gemeinsam mit den Institutionen und Künstlern Sparte für Sparte unter die Lupe nehmen und Konzepte entwickeln, wie es mit Theater, Museen, Literatur und Tanz weitergehen soll, vor allem mit Blick auf ein junges Publikum und im digitalen Zeitalter. Also Grundsatz- und Strukturdebatte, aber bitteschön praxisorientiert und mit Hand und Fuß. „Wir arbeiten bewusst an dieser Stelle mit Zukunftsforschern zusammen, um auch von dieser Seite Impulse in die Debatte zu bringen.“ Den Anfang des Prozesses machen die Musiker der Stadt; im Januar soll es dazu einen Kongress geben.

Auch das Hegel-Haus soll schöner werden

„Dann gibt es so ein paar Orte und Plätze, die sich zur Stadt hin mehr öffnen müssen.“ Das Konzept des Stadtmuseums im Wilhelmspalais ist bekanntlich nochmal kräftig nachbearbeitet worden, inklusive Wechsel im Direktorenamt. Dass sich das inzwischen fertig renovierte Haus von diesem Freitag an schon mal für eine Woche dem Publikum öffnet, ist ganz nach Meyers Geschmack: „Das ist doch eine der besten Lagen in der Stadt. Das darf nicht nur ein Ziel von Schulklassen und Vereinen werden. Da muss es bis in den Abend hinein lebendig zugehen.“ Oder das Hegel-Haus: „2020 feiert die Welt den 250. Geburtstag des Philosophen, hier in Stuttgart ist er geboren. Bis dahin sollten wir sein Geburtshaus frisch überholt haben.“

Bei alledem schaut der Kulturbürgermeister übrigens nichts durchs offene Fenster in die Ferne, sondern immer seinem Gesprächspartner direkt ins Gesicht. Ach ja, und sehr sympathisch lächeln kann er übrigens auch. Wie im Nu ist die Frühstücksstunde vorbei; anregend, witzig, sehr unkompliziert, der Typ. „Was das Image unserer Stadt angeht, so läuft ja vieles gerade nicht ideal.“ Man erinnert sich: dieser Feinstaub. Und die betrügerischen Autos. „Stuttgart muss endlich auch überregional mehr mit seiner Kultur auf sich aufmerksam machen. Wir sind da viel zu leise bisher, haben die Musik anderen überlassen.“ Aber jetzt heißt es enorm Currentzis, Meister und Ettinger – nur mal so als Beispiel.

Bisher erschienen: Frühstücke mit Johannes Gerlitz (15. 8.), Bettina Marx (22. 8.), Brigitte Dethier (29. 8.) und Philippa Walz (6. 9.). Die Reihe ist damit beendet.