Christa Munkert hat in ihrem Atelier im Stuttgarter Norden Bilder gestaltet, die zu den einzelnen Zimmern des Raumwunders und dessen Farbkonzept passen. Foto: Sabine Schwieder

Christa Munkert, Malerin aus dem Stuttgarter Norden, hat die neue Gestaltung der Vier-Zimmer-Wohnung im Steckfeld übernommen, sie dient als Rückzugsort für Flüchtlinge. Zum Übergang spielt das Musiker-Ehepaar Nolle am Freitag Gitarre und Mandoline.

Steckfeld - Ein Wunder ist es nicht so sehr wie harte Arbeit, doch das Projekt Raumwunder im Steckfeld hat die Erwartungen der Beteiligten absolut erfüllt. „Bei der Eröffnung im Juli waren die Räume rappelvoll“, freut sich Projektleiterin Martina Geiger-Gerlach. Sie hatte die Idee, aus einer leer stehenden Vier-Zimmer-Wohnung in einem Abrisshaus in der Karlshofstraße gemeinsam mit Asylsuchenden und Helfern vom Freundeskreis Flüchtlinge ein temporäres Schmuckstück zu machen.

Die Wohnung soll als Rückzugsort für Bewohner des Heims Im Wolfer dienen. Zugleich ist das Raumwunder ein öffentliches Kunstprojekt, das alle zwei Monate neu gestaltet wird. Den Übergang bildet ein Abend, zu dem auch die Öffentlichkeit eingeladen ist. Am Freitag um 19 Uhr ist es wieder so weit.

Bei der Eröffnung im Juli gaben ein Gitarrist aus dem Iran und eine junge Deutsche ein Wohnzimmerkonzert, das in Gespräche unter Nachbarn, Asylsuchenden und Politikern mündete. Bei dieser Gelegenheit kamen sich Vertreter vieler Nationen näher. Gleich am nächsten Morgen zog eine alleinerziehende Mutter aus der Mongolei mit ihren Kindern für zwei Wochen ein. Die junge Frau hatte sich bei der Renovierung vor allem um das Badezimmer bemüht. „Die drei haben dann erzählt, dass sie das Baden so sehr genossen haben“, berichtet Martina Geiger-Gerlach. Die folgende Übergabe an eine junge Familie aus Syrien funktionierte reibungslos.

Die üblichen WG-Erfahrungen

Das galt freilich nicht für alle Bewohner: „Wir mussten die üblichen Wohngemeinschafts-Erfahrungen machen“, gesteht die Projektleiterin . Ihrer Meinung nach hatte das weniger mit den kulturellen Unterschieden zu tun als vielmehr mit dem Alter der Bewohner – und dem Geschlecht. Ein junger Pakistani beispielsweise, der zum Eröffnungsfest noch für den Nachtisch gesorgt hatte, hinterließ mit seinen Freunden Zigarettenspuren und eine verdreckte Pfanne im Schrank. Die Projektleiterin hat daraus gelernt: die 50 Euro Kaution gibt es künftig nur zurück, wenn die Wohnung sauber übergeben wird. Und das, so betont sie, gilt ebenso für Männer, die wie nicht wenige Deutsche auch gelegentlich der Meinung sind, Putzen sei Frauensache.

Wenig Probleme dagegen gab es mit einer syrischen Familie, die das Raumwunder für eine Familienzusammenführung nutzte und Besuch aus einem anderen Bundesland bekam. „Daraus schöpfen die Bewohner Kraft“, ist sich Martina Geiger-Gerlach sicher.

Herbstblätter für das Wohnzimmer

Bei der künstlerischen Gestaltung folgt auf die Fotografin Daniela Wolf Christa Munkert, deren Arbeiten Geiger-Gerlach bei einer Ausstellung kennengelernt hat. Die in Nürnberg geborene Malerin aus dem Stuttgarter Norden gehört zu denjenigen, die den Raum und die Wirkung von Bildern auf die Umgebung beim Arbeiten gleich mitbedenkt. Für sie hat ein Projekt wie dieses durchaus etwas Vertrautes: Sie hat lange Zeit im Le Corbusier-Haus in der Rathenaustraße gelebt, wo Wohnen und Kunst ineinandergreifen.

In ihrem Atelier am Gähkopf hat sie nun große Bilder für das Raumwunder gestaltet: bewegte Herbstblätter für das Wohnzimmer, ein spielerisches Beachvolleyball-Set für das gelbe Zimmer, ein Bild mit Steinen für den in Rosa gestrichenen Raum. Fotos und Fundstücke sind auch dabei: die Ansicht einer Zimmerflucht in einem Schloss, die Fotografie eines 1910 entstandenen naiven Gemäldes, das einen Jungen in strenger Uniform zeigt. In die Küche kommt ein Lüster, ein Fundstück aus Bönnigheim, der dem Projekt Schlossatmosphäre verleiht. „Das ist alles keine Ferienwohnungsdekoration“, betont Christa Munkert: die Künstlerin, die ursprünglich Lehrerin werden wollte, möchte mit ihren Arbeiten die Betrachter zum Sehen anregen, den Raum öffnen für neue Gedanken.

Veranstaltung:

Die zweite Phase des „Raumwunders“, Karlshofstraße 42, mit den Bildern von Christa Munkert beginnt am Freitag, 9. September, um 19 Uhr mit einem öffentlichen Kulturabend. Er wird musikalisch von Cornelia Meyer-Nolle und Hermann Nolle (Gitarre und Mandoline) gestaltet.