Welches Ministerium muss am meisten einsparen, welches am wenigsten? Wie viel und wo die Landesregierung spart, erfahren Sie in unserer Bildergalerie. Foto: dapd

„Mühsamer als gedacht“ empfindet Ministerpräsident Kretschmann das Sparen. Folge: Grün-Rot kürzt weniger als vorgesehen und nimmt weiteren Schluck aus der Schuldenpulle.

Stuttgart - Die grün-rote Landesregierung ist auf ihrem Weg zu einem schuldenfreien Haushalt heftig ins Straucheln gekommen: In den nächsten beiden Jahren fallen ihre strukturellen Einsparungen – also jene, die dauerhaft wirksam sind – geringer aus als ursprünglich geplant. Ursprünglich sollten bis 2014 um die 800 Millionen Euro eingespart werden, bei 641 Millionen geht Grün-Rot jedoch die Puste aus.

„Wir müssen strukturell mehr erreichen, deshalb kann dieser Haushalt nur als Einstieg gewertet werden“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach der Verabschiedung des Etats für 2013/2014 im Kabinett. Finanzminister Nils Schmid (SPD) sieht jedoch „die ersten Schritte auf dem Konsolidierungspfad bis 2020“ gemacht. Dann greift die grundgesetzliche Schuldenbremse, die neue Kredite nur in Notlagen erlaubt.

Im Südwesten müssen bis dahin aber noch 2,5 Milliarden Euro aus dem Haushalt herausgestrichen werden. Das geht nach Kretschmanns Ansicht nur mit Beteiligung der Beamten: „Man kann diesen Haushalt nicht am Personal vorbei sanieren.“ Einen ersten Schritt macht die Koalition damit, dass sie 2200 Lehrerstellen nicht wieder besetzt, sobald diese frei werden.

Auch Kommunen müssen sparen

Personalkosten in Höhe von 26,8 beziehungsweise 44,4 Millionen Euro will sie auch damit sparen, dass sie die vor wenigen Jahren eingeführte Beförderungsmöglichkeit (von A 12 zu A  13) für Hauptschullehrer streicht. Neu eingestellte Staatsdiener müssen außerdem drei Jahre lang auf vier Prozent ihres Gehalts verzichten. Einsparziel: 24,6 beziehungsweise 38,8 Millionen Euro.

Ob die Beamten noch zusätzlich zur Ader gelassen werden, steht noch nicht fest. Wie die Koalition beispielsweise mit Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst umgeht, wird gerade noch verhandelt. Bisher sind im Haushalt lediglich 1,5 Prozent veranschlagt. Auch die Kommunen müssen – wie schon unter Schwarz-Gelb – einen Sparbeitrag leisten: Ihnen zweigt das Land 340 Millionen Euro aus dem Topf namens kommunaler Finanzausgleich ab.

Die Ministerien schließlich streichen insgesamt 166,4 beziehungsweise 267,4 Millionen Euro aus ihren Etats. Diese Summen verteilen sich auf vielerlei Einzelposten. So deckelt etwa das Staatsministerium die Mittel für Veranstaltungen in der Brüsseler Landesvertretung auf 31 000 Euro jährlich, das Innenministerium wiederum stellt den Wettbewerb „Kommunale Bürgeraktionen“ ein (3900), während das Kultusministerium im übernächsten Jahr den Zuschuss für die internationale Musikschulakademie auf Schloss Kapfenburg streicht (70 000).

Nicht überall, wo Einsparung draufsteht, ist auch Einsparung drin

Das Wissenschaftsministerium nimmt die Großen Landesausstellungen ins Visier (500 000), das Finanzministerium will die Mittel für die Werbe- und Sympathiekampagne senken (55 000). Das Sozialministerium erbringt mit der Streichung des Landeserziehungsgelds (2 bzw. 28,5 Millionen) einen der größten Einzelposten.

Nicht überall, wo Einsparung draufsteht, ist auch Einsparung drin. So erhöht zum Beispiel das Wissenschaftsministerium die Rückmeldegebühr für Studierende von 40 auf 60 Euro pro Semester: Das bringt pro Jahr mehr als zwölf Millionen Euro. Allein das historisch niedrige Zinsniveau erspart dem Land Ausgaben von 135 Millionen Euro.

Die Landesbank Baden-Württemberg schließlich schüttet 120 Millionen Euro jährlich an ihren staatlichen Eigentümer aus – Geld, das die Landesregierung als „strukturell“ verbucht. „Wir gehen davon aus, dass die Bank im langjährigen Schnitt Gewinne macht“, sagte der Finanzminister.

Koalition erhöht die Kreditaufnahme um 40 beziehungsweise 50 Millionen Euro

Erschwert wurde die Etataufstellung laut Schmid durch „zwangsläufige Mehrausgaben“ – also Investitionen, zu denen das Land gesetzlich verpflichtet ist. Diese addieren sich auf 102,5 beziehungsweise 110,4 Millionen Euro. Darunter fällt zum Beispiel der Hochwasserschutz am Rhein.

Daneben gibt die grün-rote Koalition 83,9 beziehungsweise 92,5 Millionen Euro für Wunschprojekte aus – sogenannte politische Schwerpunkte. Dazu zählen zum Beispiel Privatschulen (plus 6,7 bzw. 22,7 Millionen), der Naturschutz (plus 6 bzw. 12 Millionen), die Schulsozialarbeit (10 Millionen in 2014), Radwege (plus 5 bzw. 2,5 Millionen) und die Filmförderung ( jeweils plus 2 Millionen).

Unter dem Strich muss Grün-Rot sogar noch einen Schluck aus der Schuldenpulle nehmen: Die Koalition erhöht die Kreditaufnahme um 40 beziehungsweise 50 Millionen Euro: auf 1,78 und 1,49 Milliarden Euro.

Die Etatpläne stießen bei der Opposition auf scharfe Kritik. CDU-Landeschef Thomas Strobl sprach von einer „Luftnummer“. Grün-Rot werde von hohen Ausschüttungen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und von niedrigen Zinsen profitieren. FDP-Landeschefin Birgit Homburger bezeichnete den Haushaltsentwurf als „reine grün-rote Flickschusterei“.