Todenhöfer hat sein Interview mit dem deutschen IS-Kämpfer auch auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht Foto: Screenshot

Der Publizist Jürgen Todenhöfer führt im irakischen Mossul ein Interview mit einem deutschen IS-Kämpfer – und erntet dafür heftige Kritik im Netz.

Köln - Zweifelhafte Propaganda wird Jürgen Todenhöfer vorgeworfen. Ein Geschenk an die Terroristen sei das Interview, das der Publizist mit dem deutschen Kämpfer des Islamischen Staates (IS) Abu Qatadah im irakischen Mossul geführt hat. RTL hatte das Video in der Nacht zum Donnerstag in einer Spezialsendung nach dem Nachtjournal gezeigt. Kritiker und Fürsprecher lieferten sich daraufhin in Internetforen heftige Diskussionen. Was darf der Journalismus?

„Natürlich haben wir uns im Vorfeld auch die Frage gestellt, ob man den IS-Kämpfern so ein Forum geben darf“, sagt Matthias Bolhöfer, Sprecher von RTL, unserer Zeitung. Der Sender habe sich bewusst dafür entschieden. Das Interview Todenhöfers sei ein wichtiger Beitrag in der aktuellen Diskussion. „Es ist ein erschreckendes Dokument, in dem die ganze finstere und tot bringende Gedankenwelt artikuliert wird“, so Bolhöfer. Dem Sender sei jedoch auch wichtig gewesen, das Gespräch nicht eins zu eins zu zeigen, sondern in einer Spezialsendung einzuordnen. Etwa 800 000 Zuschauer verzeichnete die Sendung in der Nacht zum Donnerstag. „Für die Sendezeit um 0.30 Uhr ist das schon viel“, sagt Bolhöfer.

Todenhöfer hat sein Interview mit dem deutschen IS-Kämpfer auch auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Dazu schriebt er: „Lange habe ich nachgedacht, ob ich dieses Interview veröffentlichen soll. Doch man kann Gegner nur besiegen, wenn man sie kennt.“ Bis zum Abend des 15. Januars wurde das Video dort mehr als 3,3 Millionen Mal aufgerufen. Mehr als 29 000 Nutzer klickten auf „gefällt mir“. Mehr als 15 000 Kommentare wurden abgegeben – von Danksagungen für so viel Mut bis hin zum Vorwurf der Propaganda für die IS-Terroristen.

Diskussionen darüber, wem Journalisten mit ihren Interviews eine Plattform bieten, ihre oft krude Meinung zu verbreiten, gibt es immer wieder: Im März 2012 stand Claus Kleber, der Moderator des heute Journals, in der Kritik für sein Interview mit dem damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Im April 2013 befragte ARD-Moderator Jörg Schönenborn den russischen Präsidenten Wladimir Putin.