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Ex-Ministerpräsident beklagt "Diffamierungen" im Zusammenhang mit dem EnBW-Einstieg.

Stuttgart/Darmstadt - Das Amt des Ministerpräsidenten sei sein Traumjob, hat Stefan Mappus stets gesagt. Der Job beim Pharmakonzern Merck sollte es auch werden. Aber nach nur vier Monaten ist Schluss. Mappus reagiert auf die anhaltende Debatte um seine Rolle beim EnBW-Deal.

In diesen Wochen vergeht kein Tag, an dem die Energie Baden-Württemberg (EnBW) nicht irgendwo in die Schlagzeilen kommt. Mal geht es um das interne Sparprogramm, das sich der Konzern verordnet hat, um die Millionenausfälle durch die Abschaltung der Kernkraftwerke in Philippsburg und Neckarwestheim aufzufangen. Mal geht es um EnBW-Chef Hans-Peter Villis, der lieber heute als morgen wissen würde, ob die grün-rote Landesregierung ihm seinen 2012 auslaufenden Vertrag verlängert oder ihm stattdessen den Laufpass gibt. Mal geht es um den Streit mit dem Oldenburger Versorger EWE und die Beteiligung am ostdeutschen Gasunternehmen VNG, was zu einer Millionen-Belastung für die finanziell ohnehin angeschlagene EnBW werden könnte. Und als ob das alles noch nicht reicht, schaut auch die Politik dem Energiekonzern genau auf die Finger. Denn sowohl in Stuttgart als auch in Brüssel wird immer lauter darüber nachgedacht, ob beim geheimen Wiedereinstieg des Landes bei der EnBW im Dezember 2010 alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Und dabei fällt immer wieder der Name von Stefan Mappus.

Mappus will sich nun zur Wehr setzen

Aber der Ex-Ministerpräsident und damalige Herr des Verfahrens beim EnBW-Ankauf mag sich diese Schlagzeilen offenbar nicht mehr länger antun. Am Montag teilte er auf Anfrage unserer Zeitung überraschend mit, dass er seinen neuen Posten beim Pharmakonzern Merck zum Jahresende wieder aufgeben wird. Die anhaltenden "Diffamierungen und Verleumdungen" gegen seine Person und die damals von ihm geführte Landesregierung machten diesen Schritt erforderlich, weil er sich nunmehr zur Wehr setzen werde. "Ich musste in den letzten Tagen und Wochen erkennen, dass dies mit der zeitlichen Inanspruchnahme durch meine derzeitige Tätigkeit im Ausland nicht zu leisten ist", so der 45-Jährige. Er habe deshalb der Geschäftsleitung von Merck mitgeteilt, zum 31. Dezember aus dem Unternehmen auszuscheiden und den Posten als Konzernbevollmächtigter Südamerika mit Sitz in Brasilien nicht anzutreten. Er bedauere diesen Schritt und bedanke sich "für das ungeteilte Vertrauen und Verständnis, welches mir die Geschäftsleitung von Merck entgegengebracht hat".

Inwieweit die Trennung am Ende allein von Mappus ausging oder man sich auch bei Merck zunehmend daran störte, einen prominenten Mitarbeiter zu haben, der nicht aus den Schlagzeilen kommt und dem man deshalb einen Abgang nahelegt, blieb am Montag unklar. Ein Merck-Sprecher sagte auf Anfrage unserer Zeitung, Mappus habe um die Auflösung seines Vertrags gebeten. "Wir bedauern dies sehr und wünschen ihm für seine berufliche Zukunft alles Gute."

Mappus war Anfang September zu Merck gewechselt

Wohin die führt, ist derzeit völlig unklar. Der Ex-Ministerpräsident hatte Ende August sein Landtagsmandat in Pforzheim aufgegeben und war Anfang September zu Merck gewechselt. Seither stand er wegen des fünf Milliarden Euro teuren EnBW-Deals immer wieder unter Druck. Kernpunkt der Kritik: Warum wickelte Mappus den Rückkauf der EnBW-Anteile vom französischen Staatskonzern EdF völlig im Geheimen ab, und welche juristischen Fehler sind ihm dabei womöglich unterlaufen? Bei der EU-Kommission liegen inzwischen mehrere Beschwerden auf dem Tisch. Sie zielen vor allem auf die Frage, wieso Mappus den damaligen Beratervertrag ohne Ausschreibung an seinen Freund Dirk Notheis, Deutschlandchef der Investmentbank Morgan Stanley, vergab.

Aber auch in Baden-Württemberg gibt es mehrere ungeklärte Fragen, seitdem der Staatsgerichtshof des Landes vor wenigen Wochen den damaligen Deal als verfassungswidrig einstufte, weil er ohne Zustimmung des Landtags geschah. In der Folge des Urteils hatte bekanntlich der damalige Finanzminister und zwischenzeitliche Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) zurücktreten müssen, nachdem er in jener Nacht vom 5. auf 6. Dezember 2010 das Notbewilligungsrecht der Landesverfassung in Kraft gesetzt hatte, das eigentlich nur für Naturkatastrophen gedacht ist, in diesem Fall aber dazu diente, Mappus das Milliarden-Geschäft ohne Zustimmung des Landtags zu ermöglichen. Noch zögern Grüne und SPD mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, regierungsintern wird aber an einem Bericht gearbeitet, der die Vorgänge von damals beleuchten soll. Zugleich hat der Rechnungshof angekündigt, den Fall im Nachhinein zu untersuchen. Es müsse geklärt werden, "ob vor dem Ankauf der EnBW-Anteile durch das Land ein rechtlich ordnungsgemäßes und wirtschaftlich fundiertes Bewertungsverfahren für diese Anteile durchgeführt worden ist", hatte die Karlsruher Behörde dieser Tage mitgeteilt.