Das Forschungsschiff Max Honsell liefert Messdaten aus Neckar und Rhein Foto: dpa

Die anhaltende Sommerhitze führt dazu, dass auch die Wassertemperatur in den Flüssen steigt – und zu einem Fischesterben führen kann. Kraftwerke nutzen das Flusswasser zur Kühlung und leiten es erwärt zurück - laufende Messungen in Neckar und Rhein liefern Prognosen.

Karlsruhe - Beim Wassertemperaturmanagement hat Baden-Württemberg die Nase vorn. „Wir sind mit dem Wärmemodell Vorreiter“, sagt Uwe Bergdolt, Referat Gewässerschutz bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW). Im Neckar wurde es gestartet, im Rhein weitergeführt, und inzwischen gibt es Anfragen der Nachbarländer, das Wärmemodell etwa bis Köln auszuweiten.

Denn es hat sich bewährt. „Wir brauchen mindestens vier Tage Vorlauf, um Maßnahmen einleiten zu können“, sagt Bergdolt. Über vier Tage liefert das Wärmemodell präzise Prognosen über die zu erwartende Wassertemperatur, etwa wenn die Lufttemperatur weiter ansteigt oder fällt. Die Abweichung liege bei maximal 0,5 Grad.

Ab 28 Grad besteht Lebensgefahr für Fische und Muscheln

Zu wissen, wie warm die Flüsse werden, ist von eklatanter Bedeutung. Denn bei einer Temperatur von 28 Grad besteht Lebensgefahr für Fische und Muscheln, und das Ökosystem droht zu kippen. Im Neckar sei die Flusserwärmung besonders deutlich, sagt Bergdolt. „Er reagiert noch empfindlicher als der Rhein, weil er durch seine Staustufen langsamer fließt und der Abwasseranteil wesentlich höher ist.“ Das Wasser brauche viel Zeit, bis es endlich in Mannheim ankomme, und die Angriffsfläche für die Sonne sei deshalb groß. Durch den geringeren Sauerstoffgehalt leide die Ökologie.

Deshalb wird zwischen Wendlingen und Mannheim an 15 Punkten regelmäßig gemessen – nicht nur die Wassertemperatur, sondern auch der Sauerstoffgehalt, PH-Wert und die Trübung. Am oberen Rhein ist im Bereich Weil am Rhein auch die Schweiz beteiligt, bei Worms Rheinland-Pfalz und Hessen. Die einzelnen Messungen liefern das Wärmemodell, das frühzeitiges Handeln ermöglichen soll.

In diesem Sommer wurden 27 Grad Wassertemperatur bereits erreicht – bei fast 40 Grad Lufttemperatur im Schatten. In solchen Fällen liefert das Wärmemodell die Antwort, ob der Fluss noch wärmer wird oder sich wieder abkühlt. Kündigt sich eine weitere Erhöhung der Wassertemperatur an, gibt die LUBW eine Stellungnahme ab, ob 28,5 Grad kurzfristig ökologisch verträglich sind. „Das hängt dann davon ab, wie lange die Hitze schon andauert und ob die Fische womöglich schon sehr geschwächt sind.“

Kraftwerke nutzen das Flusswasser zur Kühlung

Falls es kritisch wird, müssen die Kraftwerke abgeschaltet werden. Denn die nutzen das Flusswasser zur Kühlung und leiten es – um mehrere Grad erwärmt – zurück in das Gewässer. Es gebe zwar inzwischen auch moderne Blöcke, die das Wasser wieder herunterkühlten. Doch bei den alten sei das eben anders, sagt Bergdolt. Demnach müssen dann alle Kraftwerke vorübergehend abgeschaltet werden, bei denen das Flusswasser nach der Einleitung ihres Kühlwassers mehr als 28 Grad hat. Im Zweifel entscheidet ein Krisenstab über das kleinere Übel – Zusammenbruch des Stromnetzes oder Fischesterben. Bergdolt weist aber auch auf die Möglichkeit hin, kurzfristig Strom aus dem Ausland zu beziehen: „Bevor das Stromnetz zusammenbricht, kauft die EnBW Strom aus Nachbarländern zu.“

Für die Messungen ist das Forschungsschiff „Max Honsell“ im Einsatz. Das Wärmemodell Rhein nutzt als Eingangsdaten meteorologische Messergebnisse wie Lufttemperatur, Niederschlag, Globalstrahlung, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit und -druck. Außerdem werden die Abflussvorhersagen der Hochwasservorhersagezentralen und die Wärmemodellberechnungen von Main und Neckar berücksichtigt. Hinzu kommen vom Menschen verursachte Wärmeeinleitungen wie erwärmtes Wasser aus Kraftwerken, Industrie und Kläranlagen. Zu den Vorsorgemaßnahmen zählen auch Einschränkungen der industriellen und landwirtschaftlichen Wasserentnahme. Entsprechend der Europäischen Rahmenrichtlinien werden die Maßnahmen bereits bei 25 Grad in Gang gesetzt.