Lega-Chef Matteo Salvini profitiert am meisten von den Querelen der vergangenen Wochen: Seine Umfragewerte schnellen in die Höhe. Foto: AP

Die Partner in der Europäischen Union schauen mit Skepsis auf die Regierungsbildung in Italien. Als Sieger steht vor allem einer da: Matteo Salvini.

Rom - 80 Tage nach der Wahl lechzen die Italiener nach einer Lösung ihrer Regierungskrise. Vollmundig versprechen die Fünf-Sterne-Partei und die rechte Lega den Italienern eine „Regierung des Wandels“ und treffen damit anscheinend einen Nerv. Niedrige Steuern und ein Grundeinkommen, das in seiner Grundidee allerdings mehr an das Hartz-IV-System in Deutschland erinnert, das Senken des Renteneintrittsalters und eine einheitliche Steuer für alle sollen Italien nach dem Willen der beiden Parteien in den kommenden Jahren nach vorne bringen.

In einer Umfrage, die die Zeitung „La Repubblica“ in Auftrag gegeben hat, sprechen sich sechs von zehn Italienern für eine Regierung zwischen den Sternen und der Lega aus. 36 Prozent sind dagegen. Von den Querelen der vergangenen Wochen konnte vor allem der Lega-Chef Matteo Salvini profitieren. In den Umfragen liegt seine Partei nun fünf Prozentpunkte über dem Ergebnis der Wahl vom 4. März: Die rechtspopulistische Lega käme bei Neuwahlen derzeit auf 22 Prozent. Die Fünf-Sterne-Bewegung hingegen liegt nun nur noch bei 31,1 Prozent (4. März: 32,7). Auch die Forza Italia, die Partei von Silvio Berlusconi, die bislang mit der Lega in einem Bündnis war, verliert an Zustimmung ebenso wie die Sozialdemokraten. Matteo Salvini ist aktuell außerdem der beliebteste Politiker Italiens und hat damit den noch-amtierenden Premierminister Paolo Gentiloni überholt.

Die Pläne für Italien kosten Milliarden

Am Freitag ließ die Fünf-Sterne-Bewegung online über das fertige 58-seitige Regierungsprogramm abstimmen. Nur etwa 44 000 Anhänger beteiligten sich und gaben dem Vertrag ihre Zustimmung. Die Lega brachte 250 000 Menschen dazu, am Wochenenden an Ständen im ganzen Land ihre Meinung kundzutun: 91 Prozent würden einer Regierung der rechten Lega mit der Anti-Establishment-Bewegung zustimmen, hieß es in einer Erklärung der Partei, man habe aber auch viel mit den Anhängern diskutiert. Denen sei vor allem das Grundeinkommen, das es auf Wunsch der Sterne in den Vertrag geschafft hat, ein Dorn im Auge.

Die Skepsis ist und bleibt auch bei den EU-Partnern groß. Die antieuropäischen Töne, die noch im Wahlkampf und auch in ersten Entwürfen eines Regierungsprogramms präsent waren, haben sich in der Endfassung zwar abgeschwächt. Die Verträge, die den Haushalt und die Staatsverschuldung beträfen, müssten gemeinsam mit den Staaten der Europäischen Union „neu diskutiert“ werden, heißt es nun beinahe schon diplomatisch. Doch die Pläne der möglichen neuen Regierung würden den ohnehin schon hoch verschuldeten Staat Milliarden kosten.

Die Märkte reagieren

Alleine die Aussicht auf eine populistische Regierung in Italien hat in den vergangenen Tagen die Finanzmärkte unruhig werden lassen. Am Montag, der in Italien kein Feiertag war, startete der so genannte Spread, der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen, mit 166 Basispunkten und wuchs im Lauf des Tages auf zeitweise mehr als 170 Punkte an. Das ist der höchste Wert seit neun Monaten. Vor dem Bekanntwerden des ersten Entwurfes für ein Regierungsprogramm, in dem noch ein Ausstieg aus dem Euro thematisiert wurde, lag der Spread bei rund 130 Basispunkten und zeigte sich relativ stabil. Aber zum Vergleich: Der Höchststand während der Krise lag im Herbst 2011 bei 574 Basispunkten. Auch der Leitindex der Mailänder Aktienbörse gab am Montag um etwa zwei Prozent nach. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire warnte am Sonntag, die Finanzstabilität in der Eurozone könne in Gefahr geraten, falls eine populistische Regierung nicht die Verpflichtungen bei Verschuldung und Defiziten einhält.