Die Ladendiebstähle in Backnang sind häufiger geworden. Foto: Symbolbild (dpa)

Im Stadtgebiet Backnang sind 2015 so viele Delikte verübt worden wie seit zehn Jahren nicht. Doch ist die Polizeistatistik überhaupt zuverlässig?

Backnang - Gute und schlechte Nachrichten hatte der Kriminaloberrat und Leiter des Polizeireviers Backnang, Jürgen Hamm, am Donnerstagabend zu überbringen, als er für den Gemeinderat die Sicherheits- und Verkehrslage des vergangene Jahres zusammenfasste. Die gute Nachricht zuerst: das Polizeirevier Backnang musste sich um eine etwas geringere Anzahl an Straftaten kümmern als im Vorjahr – 4905 Delikte im Revierbereich umfasst die Statistik, 142 weniger als im Vorjahr.

Die schlechte Nachricht: die Kriminalität im Stadtgebiet ist so hoch wie seit mindestens zehn Jahren nicht mehr. Von den Straftaten haben sich 2860 direkt in Backnang zugetragen, rund 60 mehr als im Jahr zuvor. Jürgen Hamm sieht dafür vor allem den Anstieg bei den Diebstählen und den Rauschgiftdelikten verantwortlich – letztere sind laut der Statistik um mehr als die Hälfte gestiegen. Vor allem rund um den Bahnhof und in der Hohenheimer Straße werde mit Drogen gedealt, erklärte Hamm. Sexualdelikte und Körperverletzungen haben dagegen abgenommen. Auch die Anzahl der Wohnungseinbrüche ist zurückgegangen – dafür sind Fahrrad- und Ladendiebstähle regelrecht explodiert.

Zweifel am Sinn der Statistik

Das Zahlenwerk des Kriminaloberrats sorgte für Diskussionen. „Die Polizei muss zahlenmäßig noch stärker werden“, forderte der Oberbürgermeister Frank Nopper angesichts der Sicherheitslage und wies darauf hin, dass der Städtische Vollzugsdienst um einen Mitarbeiter auf nun neun Kräfte verstärkt worden sei. Der Grünen-Stadtrat Eric Bachert geißelte die Polizeistatistik dagegen als „extrem mangelhaftes Darstellungswerkzeug“: „Sie ist eher eine Tatverdächtigenstatistik und ein Arbeitsnachweis der Polizei.“ Taten, die nicht angezeigt würden, tauchten in der Statistik dagegen gar nicht erst auf. „Und wenn nicht jeder Bullshit angezeigt würde, hätte die Polizei Zeit, sich wahren Verbrechen zu widmen.“

Tatsächlich ist die regelmäßig vorgestellte Polizeistatistik umstritten: Wird ein Verfahren eingestellt, etwa aus Mangel an Beweisen oder gegen Auflagen, werden der Fall und der Verdächtige dennoch in der Polizeistatistik aufgeführt. Das gilt auch für die Nationalität der Verdächtigen. Der Anteil von Ausländern in der Backnanger Statistik – an den Tatverdächtigen, wohlgemerkt – beträgt 43,6 Prozent. „Er steigt jährlich an, im Vorjahr waren das gut 40 Prozent“, erklärte Hamm. Er verteidigte die Kriminalitätsstatistik: „Sie ist ein anerkanntes Mittel, nur dadurch ist die Kriminalität bundesweit vergleichbar.“

Hoffnung auf mehr Personal

Was den Wunsch nach mehr Personal angeht, konnte Hamm dem Gremium keine Hoffnungen machen: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir kurzfristig zehn oder 20 Kräfte mehr kriegen.“ Er hoffe allerdings, dass in vier bis fünf Jahren auch für das Backnanger Polizeirevier ein paar Stellen abfallen, die mit der derzeitigen Einstellungswelle geschaffen wurden. Ansonsten setze man künftig auch weiterhin vor allem auf Prävention. An Brennpunkten seien schon jetzt verstärkt Beamte unterwegs, erklärte Hamm.

In seinem Bericht ging der Backnanger Revierleiter auch auf die Anzahl der Verkehrsunfälle ein. Derer hat es im vergangenen Jahr auf den Straßen von Backnang und Umgebung 471 gegeben – das ist in etwa das Niveau der vorigen Jahre. Tödlich ist dabei keiner der Unfälle verlaufen. Die Anzahl der Unfallfluchten hat weiter zugenommen und liegt bei 271.