Kerstin Rech lebt schon seit geraumer Zeit im Asemwald. Ihre saarländischen Wurzeln hat sie aber nie vergessen. Das zeigt sich auch in ihrem neuen Foto: Martin Bernklau

Die Autorin Kerstin Rech hat mit „Sankt Martin“ ihren siebten Krimi geschrieben. Obwohl sie schon lange im Asemwald wohnt, spielt er in ihrer Heimat, dem Saarland.

Asemwald - Kerstin Rech ist Stuttgarterin. Sie lebt schon sehr lang im Asemwald. Aber ihre saarländische Heimat hat sie deshalb keineswegs vergessen. Die Autorin gilt nicht nur dort inzwischen sogar als die führende Vertreterin des – fast überall regional orientierten – Kriminal-Genres. Nun hat sie mit „Sankt Martin“ ihren siebten Saarland-Krimi geschrieben.

Vor gut drei Jahren bekam Kerstin Rech in Mannheim (für die Kurzgeschichte „Der Normalo“, wohl aber auch für ihr „Hotel Excelsior“) den Heinrich-Vetter-Literaturpreis verliehen.

Sie hat ihre Geschichten, darunter auch viele Hörspiele, nie an bestimmten Ermittler-Gestalten nach Art von Philippe Marlowe oder Kurt Wallander ausgerichtet. Ihr Interesse galt immer den historischen oder auch nur raunend überlieferten Geschichten, die jeder Landstrich kennt. Das war der Stoff für ihre sorgsam ausgefeilten Stories.

Jenes reale Saarbrücker „Hotel Excelsior“ zum Beispiel war während der von Hitler provozierten Saarkrise Treffpunkt von Schiebern, Schmugglern, Einflussagenten der französischen Richtung und von Nazis, die das damalige Mandatsgebiet des Völkerbunds „Heim ins Reich“ holen wollten, was dann 1935 auch über eine Volksabstimmung gelang – wie 20 Jahre später erneut mit dem Anschluss an die noch junge Bundesrepublik.

Die im ebenso realen Blieskastel geborene Kerstin Rech lässt ihren neuen Kriminalfall nun in einem fiktiven dörflichen Teilort der kleinen Stadt namens Mühlweiler spielen. Dort wabert seit vordenklichen Zeiten eine Rache-Prophezeiung, die sich unversehens an einem novembergrauen Martinstag zu erfüllen scheint.

Der Tatort liegt gleich neben der Dorfkirche

Bei dem Mantelteil-Spiel zu Ehren des Heiligen bricht plötzlich der notorische Säufer Werner Vogelsang zusammen, den man aus Mitleid den Bettler hatte mimen lassen. Das schnell blutgetränkte Lumpengewand für den Martini-Ritt mit der Mantelteilung offenbart schon bald, dass er erstochen wurde. Tatort: wohl das Silencium neben der Sakristei der Dorfkirche.

Als Ermittler wird der in Mühlweiler geborene Hauptkommissar Christoph Gerber geschickt. Aus Kriminalistensicht kann die Ortskenntnis ebenso ein Vorteil sein wie die Verwurzelung in lokalen Verbindungen eine Versuchung und Gefahr. Dramaturgisch ist sie ein Pfund, mit dem Kerstin Rech wuchert, um nicht zu oft einen allwissenden Autor zu bemühen. Das kann sie virtuos: die nötigen Fakten des Falls auf Figuren, möglichst oft sogar auf Dialoge zu verteilen. Da merkt man die frühe Hörspiel-Autorin und zeitweilige Filmschul-Elevin, die ihr Mathematik-Studium zunächst ebenso hinter den sicheren Brotberuf in der Marktforschung zurückstellte wie den literarischen Ehrgeiz. Ein Jahr lang hat sie an ihrem siebten Kriminalroman gearbeitet.

Kerstin Rechs Kriminalfall ist auch eine mit viel lokaler Vergangenheit und gegenwärtiger Atmosphäre gefärbte Familiengeschichte, eine Geschichte von Freundschaft und Verrat, auch eine Erzählung mit feinen sozial- und zeitkritischen Figurenzeichnungen. Vor allem ist „Sankt Martin“ jedoch ein verwickelter, aber nie unübersichtlicher Krimi, der seine Spannung hält, bis ganz zum Schluss.