Die Kreuzkirche in Heslach ist bisher nur über Treppenstufen erreichbar. Foto: Nina Ayerle

Eine zügige Umsetzung wurde einst gewünscht. Nun steht der barrierefreie Heslacher Friedhof wieder hintenan.

S-Süd - Ohne vier starke junge Männer kann Gudrun Feucht nicht die Kirche besuchen. „Die brauche ich, damit sie mich die Treppen hochschleppen“, sagt die 72-Jährige aus Heslach. Feucht sitzt im Rollstuhl. Sie ist querschnittsgelähmt. Einen barrierefreien Zugang zur Kreuzkirche gibt es de facto nicht. So kann Gudrun Feucht nur einmal im Jahr, an Weihnachten, zum Gottesdienst. Da spielen die Enkel in der Kirche, und ihre Familie nimmt sie mit. Am Heslacher Friedhof sieht es für sie und für andere Behinderte genauso aus. „An Beerdigungen können wir nicht teilnehmen“, sagt Feucht. Denn auch der Friedhof ist nicht ebenerdig zugänglich.

Die evangelische Kirche würde mitfinanzieren

Dem Bezirksbeirat Süd ist ein für alle frei zugänglicher Friedhof in Heslach wichtig. Bei den Favoriten für den Doppelhaushalt 2016/2017 für den Süden ist der Friedhof unter den zehn priorisierten Vorschlägen dabei, allerdings nur unter dem Stichpunkt „Barrierefreiheit im Süden“. Das ärgert vor allem Pfarrer Siegfried Schwenzer. „Das hätte nicht in dieses große Ding mit rein sollen“, sagt der geschäftsführende Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Stuttgart-Heslach. Die ganze Geschichte hält er längst für eine „Lachnummer“. Denn: die Kirche ist bereit, für einen ebenen Zugang ihren Beitrag zu leisten. Das Angebot steht seit Jahren. Das macht die Sache für Schwenzer umso ärgerlicher: „Da ist jemand, der Geld gibt und es passiert trotzdem nichts.“

Die Zusicherung der Kirche, sich finanziell zu beteiligen, sieht zumindest die SPD-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat als „große Chance“, sagt Stadtrat Udo Lutz. In ihrem Haushaltsantrag mit dem Titel „Friedhöfe – auch diese Infrastruktur muss gesichert werden“ fordern die Stuttgarter Sozialdemokraten unter anderem die Erschließung des Haupteingangs des Friedhofs und der Kreuzkirche sowie weitere bauliche Verbesserungen auf dem Grundstück des Heslacher Friedhofes. Im Jahr 2016 seien dafür 140 000 Euro bereit zu stellen, in Jahr 2017 bis zu 200 000 Euro.

Der Antrag ist auf die „Rote Liste“ gerutscht

Im April diesen Jahres hatte Martin Kerlen vom Garten-, Forst- und Friedhofsamt (GFF) bereits dem Bezirksbeirat vier Maßnahmen präsentiert, mit denen das Amt den Zugang zu Kirche und Friedhof barrierefrei gestalten will. Die Kosten für alle vier Maßnahmen schätzte das Amt auf eben jene 340 000 Euro. Pfarrer Schwenzer veranschlagte damals die Beteiligung der Kirche auf etwa ein Viertel der Kosten.

Wenn der Gemeinderat die Mittel bewilligt, könnte die Umsetzung der Maßnahmen Mitte nächsten Jahres erfolgen. Das teilte Volker Schirner, Amtsleiter des GFF, unserer Zeitung im Frühjahr mit. „Dafür kämpfen wir“, betonte Lutz. Inzwischen ist der Friedhof bei den Anträgen des Doppelhaushaltes auf die sogenannte „Rote Liste“ gerutscht. Das bedeutet, der Friedhof ist auf der Wunschliste der Ämter, steht aber nicht auf der „Grünen Liste“, der überarbeiteten Version von Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Finanzbürgermeister Michael Föll. Nun hängt es am Gemeinderat.

Den bisherigen vermeintlich barrierefreien Zugang in Heslach hält Lutz für „minderwertig“. Von der Stadtbahnhaltestelle muss ein Gehbehinderter erst die Benckendorffstraße bewältigen – die eher steil ist – und über die Hasenstraße zum oberen Zugang des Friedhofs gelangen. Dort gibt es aber teilweise keine Bürgersteige, die Bordsteine sind nicht abgesenkt. Der offizielle, barrierefreie Weg gleicht einem beschwerlichen Hindernislauf. Im Oktober 2013 war der Bezirksbeirat Süd mit der damaligen städtischen Behindertenbeauftragten Ursula Marx vor Ort. Fazit: „Der Umweg ist nicht zumutbar.“

Das sieht auch Gudrun Feucht so. Mit ihrem Rollstuhl schafft sie die Steigung ohnehin nicht. Sie hofft nun, dass der Umbau endlich kommt. „Mein sehnlichster Wunsch ist es, dass ich wieder häufiger in meine Kirche kann“, sagt Feucht.