Obergrenzen für Asylbewerber helfen nichts, meint Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: dpa

Politiker sollten in der Flüchtlingsdiskussion nicht ständig „neue Steine ins Wasser werfen“, die zwar hohe Wellen schlagen, letztlich aber folgenlos bleiben, meint Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Stuttgart/Berlin - Politiker sollten in der Flüchtlingsdiskussion nicht ständig „neue Steine ins Wasser werfen“, die zwar hohe Wellen schlagen, letztlich aber folgenlos bleiben: So kommentierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Forderung seines Magdeburger Amtskollegen Reiner Haseloff (CDU) nach einer Länderobergrenze für Asylbewerber.

Haseloff hatte im „Handelsblatt“ für Sachsen-Anhalt eine Höchstzahl von 12.000 Menschen genannt und gefordert, auch andere Länder sollten Obergrenzen festlegen: „Diese Zahl müssen wir dann auch in die Fluchtländer kommunizieren und notfalls sagen: Mehr geht nicht.“

Kretschmann hingegen hält dies für aussichtslos. „Der Idee könnte ich etwas abgewinnen, wenn sie realistisch wäre“, sagt er, „das ist sie aber nicht.“ Das Flüchtlingsproblem lasse sich nur europäisch lösen, indem man etwa mit der Türkei über Kontingente verhandle. Obergrenzen zu nennen sei weder national noch auf Ebene der Bundesländer möglich. Haseloff könne ja nicht sagen, wie seine Vorgabe umgesetzt werden solle. Eine solche Äußerung sei wohl dem Wahlkampf geschuldet und „bestenfalls gut gemeint“ – Sachsen-Anhalt wählt ebenso wie Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 13. März 2016 ein neues Landesparlament.

Zu viele Gerüchte über Kriminalität?

Den Klagen der Kommunen über erschöpfte Aufnahmekapazitäten begegnete Kretschmann mit dem Hinweis, man könne ja neue Flüchtlingsunterkünfte bauen. Das Problem für die Kommunen sei nicht die hohe Zahl von Neuankömmlingen an sich, sondern „die Geschwindigkeit des Aufwuchses“. Im Übrigen seien Land und Kommunen in Deutschland führend bei der Unterbringung von Asylbewerbern. „Weil wir nicht immer so viel rumjammern, darum klappt es bei uns so gut wie nirgendwo anders“, sagte der Grünen-Regierungschef. Auf Landesebene fahre man zwar „auf Sicht“. Das bedeute aber nicht, dass man untätig sei. So sei das jüngst angekündigte Rückkehrmanagement für abgelehnte Asylbewerber gut angelaufen: „Der Innenminister hat mir gesagt, das erste Flugzeug war voll.“

Zu Berichten über Schlägereien und Kriminalität in Asylbewerberheimen sagte Kretschmann, man dürfe nicht jedem Gerücht hinterherrennen, das in die Welt gesetzt werde: „Immer wenn wir das nachprüfen, ist es in der Regel nicht so schlimm, wie es kolportiert wurde.“

Schlägerei in Mannheim

Unterdessen teilte die Mannheimer Polizei mit, dass bei einer Prügelei in einer Flüchtlingsunterkunft etwa 100 Asylbewerber mit Teilen von Bettgestellen und Besen aufeinander losgegangen sind. Ein 19 Jahre alter Algerier und ein 21-jähriger Iraker mussten im Krankenhaus behandelt werden. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, um die Auseinandersetzung zu beenden.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärte unterdessen, er sehe erhebliche Fortschritte bei der Bearbeitung von Asylanträgen. In den ersten beiden Novemberwochen seien im Schnitt pro Tag 1600 Entscheidungen getroffen worden, sagte er in einer Rede im Bundestag. Dies seien 60 Prozent mehr als im September. Die Bearbeitung eines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dauert in Deutschland rund fünf Monate.