Winfried Kretschmann zeigt sich im Hinblick auf die AfD in Baden-Württemberg selbstkritisch. (Archivfoto) Foto: dpa

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat in einem Gastbeitrag in der “Zeit“ den Aufstieg der AfD zur Selbstkritik genommen. Indirekt seien auch die Grünen dafür verantwortlich.

Berlin - Die Erfolge der Alternative für Deutschland (AfD) sollten nach Ansicht von Ministerpräsident Winfried Kretschmann Anlass für eine kritische Selbstbetrachtung der Grünen sein. „Wir sind keine Heiligen und werden es auch dann nicht, wenn man uns dazu machen will“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag). „Anstatt Vorgaben für das gute Leben und die individuelle Lebensgestaltung zu machen, sollten wir uns auf den Kampf für eine gute Ordnung der Dinge konzentrieren.“ Das sei eine Ordnung, die in den zentralen Fragen die richtigen Anreize setze, um das Beste in den Menschen zum Vorschein zu bringen, schrieb der Grünen-Politiker.

Jeder soll nach seiner Fasson leben

Kretschmann räumte ein, dass die Grünen indirekt zum Aufstieg der AfD beigetragen hätten. Grüne Ideen wie die Gleichstellung von Mann und Frau, der Atomausstieg und alternative Familienmodelle seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Doch es gebe Menschen, die diese Modernisierungen nicht wollten. Bei ihnen wachse das Gefühl der Überforderung zum Gefühl des Kontrollverlusts. Die AfD nutze soziale Verwerfungen und die Bedrohung durch Terrorismus als Krisengewinnlerin und schwinge sich zum Sprachrohr der Unzufriedenen und Verunsicherten auf.

Die Grünen müssten deshalb deutlich machen, dass die neuen Freiheiten in der Lebensgestaltung ein Angebot und keine Vorgabe seien. Es gehe darum, dass jeder nach seiner Fasson leben könne und nicht darum, traditionelle Lebensformen abzuwerten oder die Individualisierung ins Extrem zu treiben.