Minsterpräsident Winfried Kretschmann hatte viel Lob für die Schwaben-Ausstellung im Alten Schloss übrig. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Wenn alle Besucher die Schwaben-Ausstellung im Alten Schloss so goutieren wie der nach eigenem Bekunden „gelernte Schwabe“ Winfried Kretschmann, dann steht das Landesmuseum vor einem großen Publikumserfolg.

Stuttgart - Wenn alle Besucher die Schwaben-Ausstellung im Alten Schloss so goutieren wie der nach eigenem Bekunden „gelernte Schwabe“ Winfried Kretschmann, dann steht das Landesmuseum vor einem großen Publikumserfolg. „Ich komme fröhlich und deutlich selbstbewusster aus dem Rundgang zurück“, sagte der Ministerpräsident am Freitag bei der offiziellen Eröffnung der Großen Landesausstellung, die von heute bis 23. April 2017 zu sehen ist. Kretschmann lobte die „gelungene volkskundliche Aufklärung“. Die schwäbische Materie werde mit „leichter Hand wissenschaftlich aufbereitet und vergnüglich und anschaulich präsentiert“, sagte er. „Sie werden alle begeistert sein.“

Kretschmann: Es ist die Arbeit an einer Erfolgsgesschichte

Der Ministerpräsident hat – auch das nicht untypisch für den hiesigen Menschenschlag – zur Eröffnung nicht über „Die Schwaben – zwischen Mythos und Marke" gesprochen, sondern mit den Zuhörer („Liebe Schwaben und Nichtschwaben“) laut nachgedacht. Er sei ja kein eingeborener Schwabe, seine Familie sei aus Ostpreußen geflohen. „Ich habe zuhause hochdeutsch und als erstes Kind in der Familie außerhalb schwäbisch gesprochen“, bekannte Kretschmann. Gerade dieser „gewisse Abstand“ habe ihn „zum Freund des schwäbischen Dialekts und der schwäbischer Mentalität gemacht“, sagte er, der dieser Selbsteinschätzung aber ein – ganz schwäbisch – „vermutlich“ voranstellte.

Der Dialekt sei durch seinen Bilderreichtum und seine emotionale Kraft gemeinschaftsbildend, die schwäbische Mentalität sei ein „Grundpfeiler für ein gutes Leben in unserem Bundesland“, sagte Kretschmann, der als Regierungschef des Bindestrichlandes aber auch einräumte, dass „all die Tugenden, die uns fehlen, unsere Landsleute im Badischen haben.“

Das Befassen mit dem Schwäbischen sei aber keine reine Folkloreveranstaltung, „sondern die Arbeit an einer Erfolgsgeschichte, die auch für den Zusammenhalt Europas interessant sein könnte“. Geschichte und Gegenwart der Schwaben könnten helfen, europäische Werte zu stärken. „In Vielfalt geeint – das ist meine Vorstellung nicht nur von Landespolitik und Föderalismus in Deutschland, sondern auch meine große Hoffnung für die europäische Gemeinschaft“, sagte Kretschmann. Er bezog das einerseits darauf, dass die Schwaben „keine Blutsgemeinschaft, keine Sippe und kein Stamm“ seien. „Biologisch lässt sich die Frage, wer Schwabe ist, jedenfalls nie und nimmer beantworten“, sagte Kretschmann. Der in Brasilien geborene Fußballspieler Cacau, beim VfB Stuttgart und in der Nationalmannschaft aktiv, sei jedenfalls ein „prächtiger Neuschwabe“. Allerdings stoße die Bereitschaft zur Integration auch an Grenzen, wie Kretschmann selbst erfuhr: Dass er katholisch sei, kommentierte ein Stubenkamerad bei der Bundeswehr mit der Feststellung, dann könne er ja kein Schwabe sein, „aber das war wohl einer aus dem Remstal“, so Kretschmann.

Mr Schwoba send emmer für a Überraschung guat

Er fühle sich all den süddeutschen liberalen Kämpfern für die bürgerlichen Grundrechte nahe, „all denen, die auf dem Demokratenbuckel, dem Hohenasperg, inhaftiert wurden“, und auch dem Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, dessen Denken zur Synthese dränge. „Es ist oft festgestellt worden, dass die Schwaben das verbindliche Sowohl-als-auch dem schroffen Entweder-Oder vorzögen", sagte Kretschmann. Diesem Prinzip fühle er sich in seiner alltäglichen Politik oft nahe.

In dieser Tradition sah sich im anschließenden, vom Lokalchef dieser Zeitung, Jan Sellner moderierten Gespräch auch Martin Roth, der sein Amt als Direktor des Victoria and Albert Museums London nicht nur, aber auch wegen der wachsenden antieuropäischen und ausländerfeindlichen Stimmung in England aufgeben wird. „Das von Schiller geprägte Widerständige im Schwäbischen ist großartig“, sagte er.

Angesichts des aufkeimenden Nationalismus in Europa sei jeder gefordert aufzustehen, zumal in Schwaben, das durch die „Vielfalt der Herkunft“ geprägt sei. „Niemand von uns ist ohne Flüchtlingsvergangenheit“, sagte er. Insofern werde das Landesmuseum mit der Schwaben-Ausstellung auch dem Auftrag gerecht, „nicht nur Geschichte zu verwalten, sondern zu zeigen, was sie für die Zukunft bedeutet.“

Dieses heftig beklatschte Bekenntnis in all den Kehrwochen-Klischees passte gut zum Versprechen, das Pferdle und Äffle in Einspielfilmchen machten: Mr Schwoba send emmer für a Überraschung guat.