Der Kreis Göppingen möchte mehr Kinder inklusiv im Rahmen seines Modellprojekts „Eine Kita für alle“ betreuen. Foto: dpa

Modell „Eine Kita für alle“ : Vier Kindertagesstätten im Kreis Göppingen engagieren sich für die Inklusion von Kindern mit Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen.

Göppingen - Der Kreis Göppingen möchte die Inklusion von Kindernmit vorhandenen oder zu erwartenden Behinderungen im Kindergartenalter vorantreiben. Dazu sollen das laufende Modellprojekt „Eine Kita für alle“, das darauf abzielt, die inklusive Betreuung und Erziehung zu verbessern, von 2019 an von vier auf acht Modelleinrichtungen erweitert und zusätzliche Inklusionsfachkräfte in den Modellkitas eingestellt werden.

Das Modell wird landesweit beobachtet

Der Kreis hat angekündigt, zwei Drittel dieser Personalkosten zu übernehmen. Welche Kommunen bereit sind, ebenfalls ein Drittel zu bezahlen, ist noch unklar. Außerdem möchte der Kreis einen Inklusionsfachdienst im Sozialdezernat einrichten. Da das Modell über den Landkreis hinaus beachtet wird, werden die Erkenntnisse im Oktober bei einer landesweiten Tagung im Landratsamt vorgestellt.

Gute Noten erteilte Professor Jo Jergvon der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg dem seit zwei Jahren laufenden Göppinger Modell, das an vier Standorten erprobt wird und dort zu einer guten Entwicklung geführt habe. Bei einer gemeinsamen Sitzung von Sozial- und Jugendhilfeausschuss des Kreises wurde klar, dass in diesen vier Kindertagesstätten alle Kinder unabhängig von ihren persönlichen Besonderheiten, ihren Stärken und Schwächen gemeinsam an Bildung teilhaben können.

Das von der Stuttgarter Paul Lechler Stiftung und dem Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg geförderte Modell hat zur Beschäftigung von jeweils einer fest angestellten Fachkraft geführt, im Falle von Adelberg ist das beispielsweise eine Heilpädagogin, mit einem Stellenanteil von 50 Prozent für Inklusion in den Modelleinrichtungen. Damit sollen die Erzieherinnenteams personell bereichert und der inklusive Gedanke im Alltag umgesetzt werden.

Vier Kindertagesstätten sitzen mit im Boot

In der ersten Modellphase, die im Sommer mit dem Kindergartenjahr endet, haben sich die Kindertagesstätten Pusteblume in Adelberg, Schatzkiste in Ebersbach, die evangelische Wölk-Kita in Geislingen sowie das Göppinger Kinderhaus Seefrid auf den inklusiven Weg gemacht.

Für Jerg steht fest, dass alle Kinder in solchen Tagesstätten rechtzeitig die notwendigen spezifischen Angebote erhalten können. Dabei würden Kinder mit Förderbedarf nicht besonders behandelt oder etikettiert, wie es der Fachmann bezeichnete.

Inklusion mit präventivem Charakter

Besonders im Auge haben müssen Fachleute Kinder mit körperlichen, sprachlichen und geistigen Entwicklungsverzögerungen, woraus später eine Behinderung werden könnte. Dies ist genauso eine gesetzliche Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe wie die adäquate Unterstützung für Kinder, die bereits mit einer Behinderung leben. Jerg stellte vor allem auch den präventiven Charakter der inklusiven Kita heraus. Denn die dort eingesetzten Fachkräfte hätten ja alle Kinder im Blick, und könnten das Team dank der interdisziplinären Zusammenarbeit stärken. Auch die Nähe zu den Eltern sei wertvoll. Diesen Aspekte bewertete auch auch die Verwaltung als großen Vorteil, zumal zeitintensive Arzttermine und Diagnoseverfahren für Eltern und Kinder entfallen könnten.

In drei Jahren soll das Konzept erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Dabei wird es vor allem auch um die Kostenkontrolle gehen. Bisher ist das Modellprojekt angetreten, eine für den Kreis weitgehend kostenneutrale Lösung für den inklusiven Weg in der Kitabetreuung zu suchen.

Bisher nur stundenweise betreut

Zielgruppe
: Im Kreis Göppingen besuchten zum Stichtag 31. Dezember 2016 genau 125 Kinder im Alter bis sechs Jahren, die wegen einer drohenden oder bestehenden Behinderung Anspruch auf finanzielle Eingliederungshilfe hatten, eine Kindertagesstätte. Sie werden dort von Fachkräften lediglich stundenweise betreut. Der Förderbedarf wird anhand einer Diagnose festgelegt.

Jo Jerg
: An der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg hat Jerg seit 2007 eine Professur für Inklusive Soziale Arbeit, Praxisforschung und Pädagogik der Frühen Kindheit inne. Außerdem wirkt er als „Enthinderungsbeauftragter“.