Ein jüngst verschicktes Schreiben des Esslinger Landratsamtes stößt auf Kritik. Foto: Pascal Thiel

Dem Blinden- und Sehbehindertenverband geht ein Formular des Landratsamts Esslingen zur Beantragung von Blindenhilfe zu weit.

Esslingen - In einem jüngst verschickten Schreiben des Esslinger Landratsamtes wurden 417 Bezieher von Blindenhilfe aufgefordert, Fragen zu ihrer Anschrift, Krankenkasse und ihrem Gesundheitszustand zu beantworten. Am Ende des zweiseitigen Formularvordrucks steht eine Erklärung, welche dem Landratsamt die Möglichkeit geben soll, Informationen bei Ärzten, Gutachtern, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Kranken- und Pflegekassen, medizinischen Diensten, Sozialversicherungsträgern, Versicherungen und sonstigen Behörden einzuholen. Außerdem soll der Antragsteller pauschal einer Datenübermittlung und -verwertung zustimmen und Ärzte sowie „sonstige Personen und Stellen“ von ihrer Schweigepflicht entbinden.

Das geht dem Blinden-und Sehbehindertenverband Württemberg deutlich zu weit. Die unter „Erklärung“ beim Formular zur Weitergewährung der Landesblindenhilfe aufgefü hrten Punkte gebe es in dieser Ausführung nur im Kreis Esslingen. „Nach unserer Einschätzung und nach Rücksprache mit der Rechtsberatung unseres Bundesverbandes geht die pauschale Entbindung von der Schweigepflicht zu weit und ist sachlich nicht gerechtfertigt“, erklärt die Vorsitzende des Blindenverbandes, Angelika Moser.

Außerdem greife die Erklärung in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein. Dies habe der Blindenverband dem Landratsamt in einem Schreiben mitgeteilt. Ob der Verband weitere Schritte gegen das Landratsamt einleiten wird, ist noch offen.

Keine andere Option

Eingetroffen ist das Schreiben Mitte November beim Esslinger Landratsamt. „Wir verstehen das Misstrauen des Blindenverbandes und deren Verbandsmitglieder“, erklärt der Sprecher des Landratsamtes, Peter Keck. Er verweist allerdings darauf, dass die Mitarbeiter von Behörden jeweils selbst bestimmen könnten, welche Informationen sie einholen wollen. Sie würden die eingeholten Informationen außerdem „bedacht und auf den notwendigen Umfang beschränkt anwenden“, versichert er.

Der Hintergrund der regelmäßigen Abfrage unter den Empfängern der Blindenhilfe sei, dass sich durch Veränderungen am Gesundheitszustand oder Zahlungen anderer Einrichtungen auch Änderungen bei der Gewährung der Blindenhilfe nach sich ziehen könnten. Empfängt der Blinde Geld von Versicherungen oder der Pflegekasse könnten diese die Höhe der Blindenhilfe des Landratsamtes beeinflussen. Es sei ein kompliziertes Verfahren mit vielen Beteiligten, so Keck.

Um die Angaben der Empfänger von Blindenhilfe überprüfen zu können, lässt sich das Landratsamt mit dem Formular von Vorschriften wie der ärztlichen Schweigepflicht und Datenschutzvorschriften befreien. Dies erleichtere letztlich auch den Betroffenen die Beantragung. „Sonst müssten wir in einigen Fällen vier oder fünfmal nachfragen“, erklärt Keck. Und die Vorlage von Papieren sei gerade für blinde Menschen aufwändig. Durch die Erklärung auf dem Formular des Landratsamtes könne beispielsweise auf die Vorlage von Mitteilungen der Kranken- und Pflegekasse verzichtet werden, wenn Auskünfte direkt vom Amt bei den Kassen eingefordert würden, teilt der Sprecher des Landratsamtes mit.

Eine Möglichkeit, die Formulare ohne die heikle Erklärung an das Landratsamt zurückzuschicken, gibt es nicht. Wer die Blindenhilfe bezahlt oder weiter bezahlt bekommen möchte, muss der Erklärung zustimmen. Die Mitarbeiter des Landratsamtes seien darüber hinaus aber bemüht, gerade im Bereich der Blindenhilfe über Gespräche für eine korrekte Beantragung zu sorgen, wie Peter Keck erklärt.