In Waldenbuch müssen die Autofahrer bald kräftig abbremsen: in der Nürtinger Straße, die hinter dem Ortsschild beginnt, gilt demnächst Tempo 30. Foto: factum/Granville

Viele Kommunen im Kreis Böblingen treibt das Thema Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 30 Stundenkilometer um, wie die drei Beispiele Waldenbuch, Rutesheim und Aidlingen exemplarisch zeigen.

Böblingen - Lärm, Abgase, Unfälle: Durch viele Orte wälzt sich tagtäglich eine Blechlawine – und die bringt allerlei Gefahren mit sich. In vielen Städten und Gemeinden gibt es daher Bestrebungen, zumindest Abschnitte mit einem Tempolimit von 30 Stundenkilometern ausweisen zu wollen. Diesen Trend sieht auch Dusan Minic, der Sprecher des Landratsamtes: „Tempo 30 ist vielerorts Thema.“

Doch nicht überall, wo sich die Verwaltung oder Anwohner ein Tempolimit wünschen, wird es auch genehmigt. Die Regeln der Straßenverkehrsordnung stellen dafür Bedingungen auf, erklärt Minic. So könnten Tempolimits etwa wegen hoher Lärm- oder Abgasbelästigung, an Unfallschwerpunkten oder unübersichtlichen Stellen, aber auch in besonders gefährlichen Abschnitten wie im Umfeld von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern oder Altenpflegeheimen angeordnet werden. Welche Distanz dieser „unmittelbare Bereich“ umfasse, solle eine neue Ausführungsverordnung regeln, die bisher aber noch nicht vorliege, erklärt Minic.

Waldenbuch führt Tempo 30 ein

Ralph Hintersehr freut sich. Der Waldenbucher Hauptamtsleiter kann verkünden, dass in der Nürtinger Straße vom Ortsschild bis zur Einmündung der Echterdinger Straße in den nächsten zwei Wochen Tempo-30-Schilder aufgestellt werden. Aus Lärmschutzgründen müssen Autofahrer hier bald auf die Bremse treten. Ein Gutachten hatte an acht Gebäuden in diesem Abschnitt erhöhte Lärmmesswerte festgestellt. Allerdings gilt die Genehmigung des Tempolimits nur vorübergehend, sagt Hintersehr. „Die Fahrbahn soll einen lärmmindernden Belag bekommen“, danach müsse der Lärm gegebenenfalls erneut gemessen werden. Dass sich die Fahrer auch an das Tempolimit halten, sollen Kontrollen sicherstellen – allerdings würden die Blitzer erst „nach einer gewissen Eingewöhnungszeit“ aufgestellt, versichert Ralph Hintersehr.

Positive Bilanz des Tempolimits

In Aidlingen ist man schon einen Schritt weiter. Seit gut drei Jahren gilt Tempo 30 auf weiten Teilen der Ortsdurchfahrt. Von der Oberen Mühle bis zur Kreissparkasse müssen die Autofahrer vom Gas gehen. Die Gemeinde hat gute Erfahrungen damit gemacht, sagt der Bürgermeister Ekkehardt Fauth. Früher habe es viele Auffahrunfälle an den drei Zebrastreifen gegeben. „Der Aidlinger Ortskern war ein Unfallschwerpunkt“, resümiert Fauth. Die Genehmigung zur Einführung des Tempolimits sei daher erteilt worden. Bei den Bürgern sei dies zunächst nicht so gut angekommen. „Am Anfang haben wir schon bitterböse E-Mails bekommen.“ Der Unmut der Autofahrer habe aber nachgelassen, sagt Fauth. Immerhin habe sich die Zahl der Unfälle in der Ortsmitte seit der Einrichtung des Tempolimits spürbar verringert.

Autofahrer legen Widerspruch ein

Nicht besänftigen ließen sich dagegen ein Rutesheimer Bürger sowie ein auswärtiger Autofahrer. Sie legten beim Regierungspräsidium Widerspruch gegen die Begrenzung auf 30 Stundenkilometer unter anderem in der Rutesheimer Bahnhofstraße ein, die die Stadt angeordnet hatte. Und das Präsidium gab ihnen Recht: Die Verwaltung muss die Schilder wieder abmontieren. Im Laufe des April sollen diese sowie die entsprechenden Straßenmarkierungen in der Bahnhofstraße verschwinden. Die Stadtverwaltung zeigt sich wenig begeistert. „Aber wir müssen damit leben“, sagt Debora Widmaier, die Leiterin des Rutesheimer Ordnungsamts.

Eine Bedingung für die Einführung des Tempo-30-Abschnitts sei das Vorhandensein einer ähnlich leistungsfähigen Umleitungsstrecke, erklärt Katja Lumpp, die Sprecherin des Regierungspräsidiums. „Diese gab es im Fall der Bahnhofstraße in Rutesheim nicht.“ Auch die dortige Lärm- und Abgasbelastung habe nicht für die Ausweisung eines Tempolimits genügt. Als Kompromiss einigte man sich auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 Stundenkilometern. „Das ist immer noch besser als Tempo 50“, sagt Debora Widmaier.

Regelungen zu Tempobegrenzungen

Zuständigkeiten: Der Landkreis ist als Verkehrsbehörde zuständig für die Genehmigung von Tempolimits auf allen klassifizierten Straßen im Kreisgebiet – also etwa auf Landesstraßen, Kreisstraßen oder Bundesstraßen. Geschwindigkeitsbegrenzungen auf kleineren, innerörtlichen Straßen liegen im Verantwortungsbereich der jeweiligen Kommune. Ausnahmen sind die Großen Kreisstädte: Sie seien für die Tempolimits auf sämtlichen Straßen im Stadtgebiet verantwortlich, sagt Dusan Minic, der Sprecher des Landratsamts.

Kontrolle: Das Regierungspräsidium in Stuttgart ist die Aufsichtsbehörde in Sachen Geschwindigkeitsbegrenzungen. Betroffene Bürger, die mit einem angeordneten Tempolimit nicht einverstanden sind, können dort Widerspruch einlegen. Das Regierungspräsidium prüft dann die Rechtmäßigkeit der Geschwindigkeitsbegrenzung, erklärt Dusan Minic