Erkrankte vor 12 Jahren an Krebs: ZDF-Moderatorin Susanne Conrad. Foto: ZDF

Susanne Conrad ist das Gesicht des ZDF- „Mittagsmagazins“. Vor knapp zwölf Jahren erkrankte die Moderatorin an Brustkrebs. Im Interview erzählt sie, wie sich ihr Leben dadurch verändert hat und was sie von Angelina Jolie hält.

Susanne Conrad ist das Gesicht des ZDF- „Mittagsmagazins“. Vor knapp zwölf Jahren erkrankte die Moderatorin an Brustkrebs. Im Interview erzählt sie, wie sich ihr Leben dadurch verändert hat und was sie von Angelina Jolie hält.

Frau Conrad, Hollywood-Star Angelina Jolie hat sich aus Angst vor einer möglichen Krebserkrankung die Brüste abnehmen lassen und dies publik gemacht. Was halten Sie davon?
Mich hat das sehr beeindruckt. Dass sie es öffentlich gemacht hat – und wie sie es öffentlich gemacht hat: eben nicht in skandalisierender Weise, sondern sehr überlegt, medizinisch nüchtern und mit Verweis auf ihre familiäre Vorgeschichte. Ich finde das sehr mutig, und ich denke, wenn eine Frau wie Angelina Jolie öffentlich über Brustkrebs spricht, sorgt dies dafür, dass das Thema wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rückt – und das finde ich gut.

Vor zwölf Jahren wurde bei Ihnen Brustkrebs diagnostiziert? Wie haben Sie darauf reagiert?
Als mir der Arzt nach der Mammografie sagte, Sie haben Krebs, war auf einmal alles anders. Als wäre die Welt auf den Kopf gestellt. Ich habe Tage gebraucht, um wieder aus diesem Nebel herauszukommen, der einen plötzlich umgibt. Dann kommen all die Fragen: „Was bedeutet die Diagnose? Muss ich sterben? Wie läuft die Therapie ab? Was steht mir bevor?“ Ohne meine Familie und vor allem ohne meinem Mann weiß ich nicht, ob ich es aus diesem Chaos alleine wieder rausgeschafft hätte.

Was haben Sie Familie und Freunden erzählt?
Ich habe damals sofort meinen Mann angerufen und es ihm direkt gesagt. Da habe ich auch nicht lange überlegt, wie ich ihm das möglichst schonend beibringe. Insgesamt bin ich damit sehr offen umgegangen, weil ich finde, dass man sich mit Krebs nicht verstecken sollte– ganz im Gegenteil. Gerade mit Frauen muss man darüber sprechen, denn es gibt bis heute viele, die nicht regelmäßig zur Vorsorge gehen oder sogar einen Knoten in der Brust fühlen und vor lauter Angst nicht zum Arzt gehen. Wie ein kleines Kind, das sich die Hände vor das Gesicht hält. Nach dem Motto: Wenn ich es nicht sehe, ist es nicht da.

. . . und wie war es mit Ihren Kindern?
Mit meinen Kindern – damals 8, 14 und 17 Jahre alt – war das natürlich anders. Mein ältester Sohn war zwar schon fast erwachsen, aber auch den hat das ganz schön durchgerüttelt. Wenn eine Familie plötzlich mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert wird, betrifft das natürlich alle. Für den Jüngsten war es am dramatischsten, der konnte sich dem ja nicht entziehen. Dann kamen die Therapien und die Nebenwirkungen – ich hing stundenlang über dem Klo, kotzte mir die Seele aus dem Leib und verlor meine Haare – und da gerät die Welt eines Kindes schon ins Wanken. Doch statt ihnen irgendwelche Geschichten zu erzählen, habe ich alles so offen wie möglich angesprochen, ohne sie zu überfordern oder zu ängstigen. Sonst fühlen sich Kinder hinters Licht geführt. Dann geht Verrauen verloren, das man in solch einer Situation gerade besonders dringend braucht. Später ist mir dann aufgefallen, dass ich das Wort Krebs vor dem Kleinen lange nicht in den Mund genommen habe, denn da schwingt immer noch ein Todesurteil mit – auch für kleine Kinder. Als er dann erfahren hat, dass ich Krebs habe, war er ganz entsetzt.

Wie fühlen Sie sich heute?
Der Krebs hatte damals schon gestreut, ich kann also nicht sagen, ich bin geheilt. Aber ich fühle mich gesund und gehe auch nicht davon aus, dass er wiederkommt. Das habe ich so für mich beschlossen (lacht).

Hatten Sie nie Angst, dass er zurückkehrt?
Heute nicht mehr, aber am Anfang war das schrecklich. Wenn mir irgendwas wehgetan hat, war ich in Panik – etwa wenn ich Kopfweh hatte oder die Knochen schmerzten und ich daran dachte, dass sich die Metastasen auch ins Gehirn oder die Knochen ausbreiten können. Dann habe ich gelernt: Wissen ist das beste Mittel gegen die Angst. Statt sich von Befürchtungen terrorisieren zu lassen, sollte man der Sache auf den Grund gehen – und mit jedem Jahr Abstand gewinnt man an Zuversicht. Man darf auch nicht ständig daran denken. Aber die Ängste kommen fast automatisch bei jeder Nachsorgeuntersuchung wieder hoch. Nach jeder Mammografie bin ich jedes Mal wieder völlig geschafft.

Wie kann man einem krebskranken Freund helfen?
Ich bin da vorsichtig mit Ratschlägen, denn was für mich gilt, muss nicht für andere gelten. Was mich damals gekränkt hat, war, dass viele abgetaucht sind und sich erst wieder gemeldet haben, als die Gefahr ausgestanden war. Was ich wichtig finde, ist, dass man offene Gespräche anbietet, ohne den Krebspatienten mit Tipps zu überschütten. Einfach signalisieren, dass man da ist, zusammen ins Kino oder essen gehen, also so viel Normalität wie möglich ins Leben holen. Man darf nicht permanent in einem Ausnahmezustand leben. In den ersten Wochen lässt sich das nicht vermeiden, aber später hat Alltägliches etwas Wohltuendes und Beruhigendes, denn es vermittelt, das Leben geht weiter, und damit stellt man ja auch einen gewissen Anspruch auf Zukunft.

Hat sich Ihr Leben durch die Krebserkrankung verändert? Leben Sie heute bewusster?
Nicht jede Sekunde, im Großen und Ganzen aber schon. Ich achte mehr auf mich und meinen Körper. Der hat viel wegstecken und durchstehen müssen, deshalb kümmere ich mich heute besser um ihn. Ich habe Spaß am Leben, und rege mich über irgendwelche Banalitäten nicht mehr auf. Ich bin deutlich bewusster und gelassener geworden – und koste jeden Moment im Leben aus, schließlich ist mir dadurch klargeworden: Du wirst sterben.

Sie engagieren sich seit Jahren für „Durch die Brust ins Herz“. Was ist das Ziel dieser Kampagne?
Das Ziel der Kampagne ist Information. Als ich meine Diagnose bekam, musste ich mir alle Informationen noch mühselig im Internet zusammensuchen. Die Kampagne versammelt das gesamte Fachwissen von Ärzten und Experten, um Antworten auf dringende Fragen zu geben.