Nichts geht mehr bei Air Berlin – wie hier am Serviceschalter auf dem Flughafen Tegel in Berlin. Foto: dpa

Kollektive Krankschreibungen von Cockpit-Besatzungen bei Air Berlin führen zu einer Vielzahl von Flugausfällen. Die Piloten handeln unverantwortlich, weil sie der Pleite-Gesellschaft weiteren Schaden mit Langzeitwirkung zufügen, meint Matthias Schiermeyer.

Stuttgart - Als ob die Verlässlichkeit von Air Berlin nicht schon im Übermaß infrage gestellt wäre, so arbeiten nun auch noch Hunderte Flugzeugführer daran, ihr eigenes Unternehmen vollends zu ruinieren. Die Kapitäne und Co-Piloten haben sich offenkundig stillschweigend einvernehmlich krankgemeldet, statt einen Rest von Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Faktisch streiken sie also – wozu sie formal nicht berechtigt wären. Wilde Streiks, um die es sich hier handelt, sind illegal. Dieses Verhalten hoch bezahlter Mitarbeiter, denen eine gewisse Umsicht unterstellt werden sollte, ist höchst unverständlich und auch mit der unsicheren Lage der Beschäftigten in der Pleitegesellschaft nicht zu begründen.

Kollektive Krankschreibungen sind in der Luftfahrt und speziell in diesem Unternehmen kein neues Mittel des Protests. Im Herbst vorigen Jahres beispielsweise führte schon die Fusion von Tuifly und Teilen Air Berlins zu massiven Flugausfällen, weil sich viele Crews krankgemeldet hatten. Und im November 2015 hatten sich Kabinenkräfte im Tarifkonflikt von Ufo und Lufthansa abgemeldet. Dies ist arbeitsrechtlich ein heikles Verhalten, weil es im Falle des Nachweises, dass die Mitarbeiter gar nicht krank sind, als Arbeitsverweigerung gewertet werden kann – mit der Folge von Abmahnungen oder fristlosen Kündigungen.

Gewerkschaften gehen auf Distanz

Nun hat die Gewerkschaft Verdi, die in dieser Misere hauptsächlich die Arbeitnehmerseite vertritt, ein latentes Verständnis für die inszenierten Krankmeldungen gezeigt. Immerhin werden die Beschäftigten aber ermuntert, den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten und ihre Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Die Vereinigung Cockpit teilt mit, dass sie nicht zu Krankmeldungen aufgefordert habe. Gut so, denn Gewerkschaften oder Betriebsräte könnten bei einem entsprechenden Aufruf auf Schadenersatz verklagt werden.

Womöglich sehen sie darin tatsächlich keine Lösung, um auf das wirtschaftliche und politische Geschachere um Air Berlin wirksam Einfluss zu nehmen. Irgendwelche Arbeitnehmervertreter müssen jedoch dahinterstecken. Die Gewerkschaften sollten sich um ihrer Glaubwürdigkeit willen noch deutlicher von ihnen distanzieren.