Echt? Nicht echt? Wertvoll? Ramsch? Das kann im Zweifel nur ein Schmuckexperte beurteilen. Foto: dpa-tmn

Edwin Hühne enttarnt Betrug mit Schmuck und bietet Beratung in der Stuttgarter Mitte an und das völlig kostenlos. Diesen Service bieten auch andere Geschäfte, doch Hühne ist eine der seltenen vereidigten Sachverständigen.

S-Mitte - Gold, gute Güte, Gold ist das einfachste. Edwin Hühne rubbelt ein Armband über ein Steinplättchen. Auf den güldenen Streifen Abrieb träufelt er Säuren verschiedener Stärke. Der ersten hält der Goldstrich stand, der zweiten nicht. Heißt: Das ist 585er-Gold, für Laien übersetzt, besteht das Armband zu 58,5 Prozent aus Gold. Der Rest sind andere Metalle. So weist es auch die Prägung aus. Allerdings „habe ich schon Schmuggelware mit 999er-Prägung gesehen, in der kein Gramm Gold enthalten war“, sagt Hühne. 999er-Gold ist das reinste, das sich unter irdischen Bedingungen herstellen lässt.

Kostenlose Wertschätzung zum Schutz vor Betrug

Betrug zu entlarven, ist Teil seines Berufs. Hühne ist Gerichtsgutachter. Arbeit hat er reichlich. „Bei Betrügereien mit überteuertem Schmuck können Sie Millionen verdienen“, sagt er. Entsprechend häufig wird dies versucht, nicht nur in dusteren Kellern. Dazu passt die Geschichte von der Frau, die für eine Edelsteinbrosche rund das Doppelte ihres Wertes zahlte – bei einem Juwelier, der behauptete, das Stück sei ein Unikat. Tatsächlich wurde es zwölfmal hergestellt. Vor Gericht bekam die Geprellte ihr Geld zurück.

Derlei Risiken lassen sich mindern. Hühne bietet künftig Kaufinteressenten oder Erben antiker Stücke Wertschätzungen an. Was nichts Ungewöhnliches ist, wohl aber, dass er für sie kein Geld verlangt. Wer wissen will, was ein Schmuckstück kosten darf oder soll, kann in der Sprechstunde bei Antiquitäten Schaible an der Eberhardstraße vorbeikommen. Hühnes Tochter Diana Württemberger führt das Geschäft.

Auf die Wahrheit vereidigt und im Zweifel selbst haftbar

Schmuck kann sich jeder auch beim Antiquitätenhändler schätzen lassen oder bei einem Juwelier, der ankauft. Allerdings gehört Hühne zu den raren Sachverständigen, die vereidigt sind. Deshalb ist sein Beruf mit hohem Risiko verbunden. Für eine Fehleinschätzung „hafte ich im Zweifel mit meinem Privatvermögen“, sagt er. Gewöhnliche Sachverständige werden allenfalls bei grober Fahrlässigkeit belangt.

Hühne zieht einen Ring aus dem Regal, bestückt mit einem Smaragd in der Mitte und zwanzig Diamanten, die ihn umringen. Er vermisst den Smaragd und errechnet ein Gewicht von etwa einem Karat, was nichts anderes ist als 0,2 Gramm. Erfunden hat die Gewichtseinheit Karat der Überlieferung nach ein indischer Edelsteinhändler, der beim ausgiebigen Dösen im Schatten feststellte, dass die Kerne der Früchte des Johannesbrotbaums stets gleich groß sind, egal, wie groß die Frucht wächst. Fortan war ein Kern ein Karat.

Für die Kundigen gilt nur eine einzige Diamanten-Preisliste

Jeder der Diamanten wiegt gut ein Zehntel Karat. Mit der Lupe prüft Hühne die Steine. Sie sind von schöner Farbe, aber nicht sonderlich rein. Der Smaragd ist von guter Qualität und allein 550 Euro wert. Hühne hebt eine Diamanten-Preisliste empor, 2200 solcher Listen sind im Angebot, aber für den Kundigen gilt nur die von Rapaport in New York. Zum Materialwert kommt hinzu, ob das Stück eine Rarität ist, plus „der ideelle Wert“, sagt Hühne. Das ist der Preisaufschlag, den ein Käufer zu bezahlen bereit ist, weil er sich in ein Stück verliebt hat. Der ist theoretisch unendlich hoch. Schließlich zahlen Sammler sogar für faktisch wertlose Plastikfiguren aus Überraschungseiern vierstellige Summen. Beim Schmuck hat der Gesetzgeber den Liebhaberaufschlag auf das 4,4fache des gutachterlichen Wertes begrenzt. Darüber beginnt der Wucher. Der ist strafbar.

Wichtiger als Lupenreinheit sind die Proportionen

Aber schwer nachweisbar. Der Wert des Smaragdes inmitten jenes Rings kann bei gleicher Größe zwischen 50 und 900 Euro pendeln, je nach Qualität. Noch kräftiger sind die Preisausschläge bei Brillanten. Das Karat kann zwischen 500  und 29 000 Euro wert sein. Anbieter werben mit Prädikaten wie lupenrein oder guter Schliff. Wobei „mittel schon die schlechteste Kategorie ist“, sagt Hühne – gut nur knapp besser. Wie viele Einschlüsse der Stein enthält, ist im Alltag zweitrangig, weil kein Partygast ihn mit einer Lupe begutachtet. „Viel wichtiger sind die Proportionen“, sagt Hühne und zeichnet einen Brillanten im Querschnitt auf Papier. Hier fällt das Licht ein, dort wird es reflektiert. Die Schlifffläche gegenüber zerlegt den Strahl in seine Spektralfarben. „Das macht das Feuer aus“, sagt Hühne. Aber nur, wenn das Licht exakt im rechen Winkel wandert. Ist der Stein zu flach oder zu dünn, erlischt das Feuer. Was immerhin mit bloßem Auge erkennbar ist.

Ganz anders als die Güte von Rohdiamanten. Sie können unter innerer Spannung stehen. „Das ist überhaupt nicht sichtbar“, sagt Hühne, wird aber beim Versuch offensichtlich, den Stein zu schleifen: „Der zerspringt dann in tausend Teile.“

Beratung:
Edwin Hühnes kostenloser Schätzungstag bei Antiquitäten Schaible, Eberhardstraße 6, ist immer mittwochs. Anmeldungen sind per Mail erbeten an antiquitäten.schaible@gmail.com.