Hier beim Korntaler Friedhof soll die Flüchtlingsunterkunft entstehen. Foto: factum/Granville

Eine Initiative gegen ein Flüchtlingswohnheim beim Korntaler Friedhof hat die notwendigen Unterschriften für einen Bürgerentscheid zusammen. Und offenbar auch die formalen Hürden gemeistert.

Korntal-Münchingen - Das letzte Wort hat der Gemeinderat, doch es deutet vieles darauf hin, dass am 16. Oktober zum ersten Mal in einer Kommune in Baden-Württemberg über eine Flüchtlingsunterkunft abgestimmt wird. Das Bürgerbegehren, wonach aus Pietätsgründen nicht in unmittelbarer Nähe zum Korntaler Friedhof eine Flüchtlingsunterkunft entstehen soll, war offenbar erfolgreich: 1232 Bürger haben unterschrieben. Zieht man die 97 ungültigen Voten ab, bleiben noch 1135 übrig – mehr als genug für das Quorum.

Stimmt der Gemeinderat zu, werden voraussichtlich im Oktober alle Bürger an die Urnen gehen können. Worum geht es genau? Im Februar hat der Gemeinderat grünes Licht dafür gegeben, in der Ludwigsburger Straße 44 hin zur Källerstraße eine Unterkunft mit 15 Wohnungen für Flüchtlinge zu errichten. Das Votum damals war eindeutig: 17 Räte votierten mit ja, nur einer mit Nein, zwei enthielten sich. Eigentlich sollte Ende April die Baufirma beauftragt werden. Doch unmittelbar vor der Ratssitzung erhielt der Bürgermeister Joachim Wolf das Bürgerbegehren.

Das geplante Gebäude ist auf drei Seiten vom Friedhof umschlossen, separiert von einem anderthalb Meter hohen Zaun. Sven Koch, der direkt gegenüber wohnt, begründete den Protest damit, dass eine solche Nachbarschaft „pietätlos“ und „rücksichtslos“ sei. Zudem fürchtet er Konflikte, wenn irgendwann 46Menschen auf diesem engen Raum mitten im Ortsteil Korntal wohnen.

Drei Monate hatten die Initiatoren Zeit, sieben Prozent der Bevölkerung zur Unterschrift zu bewegen – nur dann würde das Bürgerbegehren erfolgreich sein. Das wären genau 1037 gewesen. Allerdings haben sich in der Zwischenzeit wichtige Institutionen wie große Vereine in der Stadt gegen das Ansinnen ausgesprochen. Vergeblich: Wie Benita Röser, die Persönliche Referentin des Bürgermeisters, nun mitteilt, ist die Zahl der Unterstützer mehr als ausreichend. Auch sonst scheint die Initiative die formalen Voraussetzungen für einen Bürgerentscheid erfüllt zu haben.

Initiative profitiert von Reform der Gemeindeordnung

Die noch von der grün-roten Landesregierung geänderte Gemeindeordnung kommt der Gruppe entgegen: Früher lag das Quorum an Unterschriften bei zehn Prozent der Bevölkerung, und die Voraussetzungen waren deutlich strenger geregelt. Zudem legt die Stadtverwaltung offenbar die Gemeindeordnung ein wenig zu Gunsten der Bürger aus, wie Benita Röser erklärt. Es muss nämlich seit neustem ein Finanzierungsvorschlag vorgelegt werden. „Es gibt noch keine Rechtssprechung“, erklärt Röser. Man entscheide daher im Zweifel eher zu Gunsten der Bürger.

Ob der Gemeinderat dies auch so bewertet, steht auf einem anderen Blatt. Am Donnerstag wird nichtöffentlich darüber debattiert, eine Woche später am 5. Juli in öffentlicher Sitzung, dann fällt auch die Entscheidung. Die Stadt schlägt als Termin für die Abstimmung den 16. Oktober vor. „In den Sommerferien macht es keinen Sinn, und direkt danach sind die Wochenenden voll mit Festivitäten“, so Benita Röser. So entschied man für den Sonntag nach dem ersten langen Oktoberwochenende. Korntal-Münchingen wäre damit landesweit bei dem Thema Vorreiter.

Der Verein „Mehr Demokratie“ führt in einer Datenbank Buch über alle kommunalen Bürgerbegehren – demzufolge gab es in Konstanz zwar einen Versuch zu einem solchen Vorhaben, doch es wurde schon vor Ablauf der Frist zurückgezogen.

In Kirchheim Teck sind Asylgegner gescheitert

Gescheitert ist ein ähnliches Ansinnen auch in Kirchheim/Teck im Kreis Esslingen: Dort wollte eine Initiative die Zahl der Flüchtlinge pro Stadtteil prozentual begrenzen und nicht mehr als 40 Heimatlose an einem Standort unterbringen. Es kamen mehr als doppelt so viele Unterschriften zusammen wie notwendig, nämlich 5300. Allerdings hat der Gemeinderat am 22. Juni fast einstimmig abgelehnt, einen Bürgerentscheid dazu anzustoßen – und sich vor allem an einem aus seiner Sicht fehlenden Finanzierungsvorschlag aufgehalten. Zudem hat ein Anwalt der Stadt das Bürgerbegehren völlig auseinander genommen.

In Korntal gibt zumindest die Stadtverwaltung nun grünes Licht – und hat sich auch mit der Rechtsaufsicht im Landratsamt abgestimmt. Benita Röser: „Dort teilt man unsere rechtliche Auffassung.“