Er hat die Haare schön: Korn-Gitarrist James Shaffer in der Schleyerhalle Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Vor über 20 Jahren hat die kalifornische Band Korn den Nu Metal erfunden. Nun schauen Jonathan Davis und seine Kumpels mal wieder in der Stuttgarter Schleyerhalle. Aber viel Zeit haben sie nicht mitgebracht.

Stuttgart - War da nicht mal was? Ach ja, richtig: 1993 hat die kalifornische Band Korn sozusagen im Alleingang ein ganzes musikalisches Subgenre aus der Taufe gehoben. Den Namen Nu Metal hatte sich die Plattenindustrie dafür ausgedacht, Korn legten mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum den Grundstein, Bands wie Limp Bizkit, die Deftones und System of a Down (bevor sich diese beiden hin zum ambitionierterer Alternativesound entwickelten) oder heutzutage längst vergessene Bands wie Clawfinger und Coal Chamber zählten dazu. Prägend für das Genre war der Crossover aus leichtem Metal und Rock mit Funk, Alternative und gemäßigtem Hardcorepunk. Freunde hatten sich die Vertreter des Genres nicht überall gemacht. Bei den Musik-TV-Sendern Viva und MTV wurde der neue Trend zwar ausgiebig abgemolken und von den Plattenfirmen mit Bands wie Linkin Park freudig eine weitere popmusikalische Kommerzialisierung des Stils vorangetrieben. Aber von Bands aus benachbarten Genres kam auch sehr rasch der Vorwurf der Anbiederung und des Ausverkaufs.

Knapp 25 Jahre später steht die Band Korn am Freitagabend auf der Bühne der – da nur der Innenraum bespielt wird – ausverkauften Stuttgarter Schleyerhalle; sie lockt siebentausend Besucher und sorgt somit für die bestbesuchte Kulturveranstaltung des Wochenendes. Ihre Popularität hat die Band Korn also ins neue Jahrtausend hinübergerettet, vom Crossover ist indes keine Spur geblieben. Ein amorphes Gewaber dröhnt das ganze Konzert über durch die Arena, stilistische Varianz sucht man ebenso vergeblich wie melodischen Gehalt oder auch nur ansatzweise ausdifferenzierte Harmonik. Rhythmisch geprägt wird der nicht einmal überlaute, aber sehr nuancenarme Sound durch die Double Bass Drum des Schlagzeugers Ray Luzier – was wiederum ein Instrumentensetting ist, das aufgrund seines eindimensional tiefenorientierten Klangs eigentlich schon immer von nahezu allen Alternativebands abgelehnt wurde.

Jonathan Davis trägt einen geblümten Rock mit Kniestrümpfen

Die um einen Livekeyboarder zum Sextett erweiterte Band spielt sich dazu durch eine Setlist, die variationsfrei exakt jener aller vorangegangenen Auftritte auf dieser Tournee entspricht. Darin enthalten sind eine Coverversion des Songs „Word up“ (deutlich schwächer als das Original von Cameo), zwei nur angespielte Zitate zwei sehr bekannter Lieder von Queen und Metallica, ein längst ausgestorben gewähntes Schlagzeugsolo und eine Einlage am doch eher genreuntypischen Dudelsack. Es sind dies die einzigen Momente, die an einem ansonsten sehr langweiligen und künstlerisch völlig eindimensional gestalteten Abend überhaupt aufhorchen lassen.

Und so bliebe von diesem Abend neben dem Hinweis auf die bei Veranstaltungen dieser Größenordnung zwingend nötigen, hier aber fehlenden Videowände eigentlich nur noch erwähnenswert, dass der Sänger Jonathan Davis zwar keinen einzigen Satz ohne den ewig gleichen Kraftausdruck im Repertoire hat, im Gegensatz zu seinen schwarzgewandeten Bandkollegen aber in einem geblümten Rock mit Kniestrümpfen auf der Bühne steht.

Wäre da nicht die Spieldauer von lediglich 65 Minuten, die so inakzeptabel kurz geraten ist wie übrigens an gleicher Stelle einige Wochen zuvor beim ebenfalls sehr enttäuschenden Auftritt der amerikanischen Kollegen von A Day to remember. In der Summe mag man sich dem abschließenden Ausspruch Davis‘, man habe eine „amazing Time“ gehabt, leider ganz und gar nicht anschließen.