Im Kreis Göppingen haben die kleinen Parteien Stimmengewinne erzielt: die FDP 6,8 Prozent, die Grünen 2,2 Prozent und die Linke ein Prozent. Foto: Michael Steinert

Bei den Grünen macht sich Festtagsstimmung breit, aber auch Linke und FDP sehen sich auf der Gewinnerseite im Kreis Göppingen.

Kreis Göppingen - Als wahlkampfmüde, aber glücklich bezeichnet sich Hans-Peter Semmler als klar ist, dass die FDP zurück ist auf der bundespolitischen Bühne. Den Wiedereinzug seiner Partei betrachtet der Unternehmer als Trostpflaster für seinen aussichtslosen Listenplatz Nummer 30 in Baden-Württemberg. „Ich bin erst seit 2013 politisch aktiv, da ist es nur logisch, dass ich auf der Landesliste keinen Spitzenplatz erhalten habe“, erklärt der 39-Jährige, der den aufwühlenden Abend zusammen mit seinen Mitstreitern im Salacher Restaurant Quellenhof ausklingen lässt.

Auffallend viele Jüngere feiern bei den Liberalen

Gediegene Gemütlichkeit strahlt die überschaubare Runde in dem kleinen Nebenzimmer aus. Es wird gegessen und getrunken. Auffällig viele jüngere Männer und Frauen lockern das Bild auf, und Semmler vergisst nicht, diese Verjüngung im Kreisverband zu preisen auch wenn er es bedaure, dass er den Hohenstädter Werner Simmling, der von 2009 an für eine Legislaturperiode für die Liberalen im Bundestag saß, nicht als Mentor gewinnen konnte. In seinem Heimatort Bad Boll hat der IT-Fachmann Semmler mit 10,7, Prozent bei der Erststimme zwar ein eher durchschnittliches Ergebnis erzielt, dafür heimsten die Liberalen hier bei den Zweitstimmen einen Stimmenanteil von 13,3 Prozent ein – mehr als kreisweit (12,6).

Die Linken trösten sich im Rockcafé mit Sekt und Politisierereien über das gute Abschneiden der AfD. Er sei zwar nicht überrascht, kommentiert der Göppinger Kandidat Konstantinos Katevas die ersten Hochrechnungen, die die AfD bei 13,2 Prozent sehen. „Aber man kann ja bis zum Ende hoffen.“ Im Grunde, so sagt der 23-Jährige, schockiere dieses Ergebnis „wohl uns alle.“ Auf der anderen Seite sei das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte ein weltweites Phänomen. „Da können wir auf das Ergebnis unserer Partei im momentanen Klima ja eigentlich stolz sein.“ Immerhin habe die Linke – laut der ersten Hochrechnungen – sogar ein kleines bisschen zugelegt. „In Frankreich dagegen ist die Linke ja richtig zerschmettert worden“, pflichtet ihm der Kreisvorsitzende Christian Stähle bei.

Die Linken haben ein knappes Prozent zugelegt

Danach spielt das Abschneiden der Rechtspopulisten und der eigenen Partei zunächst keine Rolle mehr. „Das wird erst wieder spannend, wenn die Landes- und Kreisergebnisse da sind“, sagt Stähle. Die Linken sitzen zusammen, Katevas bekommt einen Blumenstrauß und dann wird gewartet und diskutiert, wie es wohl mit der SPD weitergeht. Als klar ist, dass die Linke auch im Kreis Göppingen ein knappes Prozent zugelegt hat, steigt die Stimmung noch einmal etwas.

Bei den Grünen macht sich Festtagsstimmung breit

Festtagsstimmung herrscht im Gasthaus Rössle in Göppinger Stadtbezirk Lerchenberg, wo die Wahlparty der Grünen stattfindet. Die Partei feiert sich und ihren Erfolg. 12,3 Prozent hat sie bekommen, ihr Direktkandidat Dietrich Burchard hat 12,1 Prozent geschafft. Damit hat sie besser abgeschnitten als bei der Bundestagswahl vor vier Jahren und besser als die Prognosen es vorhersagten. „Ich freue mich wahnsinnig, dass wir auf den letzten Metern so deutlich zulegen konnten, das ist ein gefühlter Sieg“, sagt der Göppinger Grünen-Kandidat Dietrich Burchard, der trotz des guten Ergebnisses keine Aussicht hat, tatsächlich in den Bundestag einzuziehen.

Getrübt wird die Freude durch den Einzug der AfD in das Parlament. „Es ist schade, dass nicht wir die drittstärkste Kraft sind und dass die AfD so extrem zulegen konnte“, bedauert Burchard. Der Göppinger Grünen-Landtagsabgeordnete Alexander Maier formuliert es noch schärfer: „Zum ersten Mal werden offen rassistische Abgeordnete im Bundestag sitzen, das ist nicht zufriedenstellend.“