Die neuen ironischen Bauernregeln der Ministerin haben viele Diskussionen ausgelöst – jetzt auch in einem Ausschuss des Gerlinger Gemeinderats. Foto: BMUB, StZN

Die Diskussion über eine umstrittene Werbekampagne der Umweltministerin ist im Gemeinderat angekommen. Martin Maisch (Freie Wähler) fühlt sich von Joachim Hessler (Grüne) auf Facebook angegriffen. Hessler betont, er habe sich „als Privatmensch“ geäußert.

Gerlingen - Anfang Februar ging alles ganz schnell. Das Bundesumweltministerium veröffentlichte Plakate, die auf Probleme in der Landwirtschaft hinwiesen. Man gab elf neue „Bauernregeln“ heraus – vermeintlich flott und witzig. Ein Beispiel: „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.“ Die Kampagne löste ein Riesenecho aus, die Bauern und ihre Verbände reagierten zornig, die Ministerin Barbara Hendricks (SPD) wurde zum Rücktritt aufgefordert. Einige Tage später entschuldigte sie sich, die Kampagne wurde gestoppt.

Da hatten schon alle wichtigen Medien berichtet. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte am 8. Februar den Kommentar „Die Schuld vom Lande“. Darin wurde das Thema aufgedröselt und kommentiert, insbesondere die Sicht der Bauern und ihre harschen Reaktionen. Im Vorspann des Artikels heißt es: „Harmlose Verse reichen, und maßloser Zorn gegen ,Eliten’ bricht unter Bauern und Union aus. Wem aber fehlt es hier an Anstand?“ Diesen Kommentar, bebildert mit einem Hahn mit stolzgeschwellter Brust, versah der Gerlinger Grünen-Stadtrat Joachim Hessler im Netz mit seiner Meinung. „Sehr guter Kommentar“, schrieb der Referent für Altenhilfe auf der Facebook-Seite der Gerlinger Grünen. „Ich sage nur, getroffene Hunde bellen. Offensichtlich ist die Plakataktion genau richtig. Dem maßlosen und arroganten Bauernvolk gehört schon lange der Spiegel vorgehalten“, so Hessler .

Der Landwirt ist erzürnt

Und damit war die Kontroverse in Gerlingen angekommen. Denn Hesslers Kommentar brachte Martin Maisch, Landwirtschaftsmeister und Stadtrat der Freien Wähler, auf die Palme. In der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses (FVA) verwies er auf den Facebook-Auftritt der Grünen. Wenn „das Bauernvolk“ aus Hesslers Sicht „maßlos und arrogant“ sei, dann könne er sich im Ausschuss ja auch so verhalten. „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, meinte der sichtlich Erzürnte. Der Angesprochene sagte nichts, und der Bürgermeister versuchte, die Kuh vom Eis zu holen. „Die Betroffenheit ist angekommen. Vielleicht setzen sich die Beteiligten zusammen, man kann sich ja unterhalten.“ Die Beruhigungsversuche unterstützte Rudolf Sickinger (CDU), ebenfalls Landwirt. Bauern würden viel Positives leisten, auch für die Natur, betonte er.

Die Kampagne an sich sei „relativ harmlos“ gewesen, sagte Maisch nach der Sitzung, ihre Wirkung aber „höchstgefährlich“. Alle Bauern seien sich „verseggelt“ vorgekommen. Hesslers Zweizeiler sei ein Rundumschlag gegen die Landwirtschaft, durch das Wort „Bauernvolk“ fühle er sich beleidigt – und das auf der offiziellen Seite der Grünen. Man hätte das nach der Sitzung klären können, aber Hessler sei bei dem Umtrunk nicht mehr dabei gewesen. „Ich will ihn nicht anrufen.“

„Keine Sache des Gemeinderats“

Joachim Hessler verweist auf Nachfrage darauf, er habe in der Sitzung nichts gesagt, weil das Thema „keine Sache des Gemeinderats“ sei. „Das kann man mit mir persönlich klären.“ Er lege Wert darauf, dass er sich mit seinem Kommentar nicht auf Maisch oder Sickinger bezogen habe. Er sei gerne zum Gespräch bereit, wolle die Angelegenheit aber nicht in der Öffentlichkeit klären. Er habe auf Facebook seine persönliche Meinung als Grüner kundgetan, sich „als Privatmensch geäußert“.

Der umstrittene Post ist mittlerweile gelöscht, und Hessler wird den Gemeinderat bald verlassen – aus beruflichen Gründen. Diese Entscheidung habe aber mit der Auseinandersetzung „rein gar nichts“ zu tun.