Der Autoverkauf ist kein leichtes Geschäft Foto: dpa

Die Autohersteller fahren Rekordgewinne ein. Für die Autohändler in Deutschland wird das Geschäft jedoch immer schwieriger. Der Markt ist gesättigt. Die Werkstatt als großer Ertragsbringer schwächelt.

Stuttgart - Verkehrte Autowelt. Die Hersteller wie Daimler, VW, BMW, Porsche oder Audi melden Monat für Monat Absatzrekorde. Gekauft wird jedoch vor allem im Ausland, in Deutschland dagegen stagniert die Zahl der Neuzulassungen schon seit Jahren. Und weil auch das Servicegeschäft rückläufig ist, kommt Willi Diez, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft der Hochschule Nürtingen-Geislingen (IFA), zu einer düsteren Erkenntnis. „Das Endspiel um das Überleben im deutschen Automobilhandel hat begonnen.“

Die aktuelle IFA-Studie zum Automobilhandel macht deutlich, warum. Seit 2010 sei die Profitabilität der Autohäuser rückläufig. Die Rendite, also das Verhältnis von Umsatz und Gewinn, lag 2014 bei nur noch einem Prozent, 2011 waren es noch 2,1 Prozent. Am Autoverkauf ist ohnehin kaum was zu verdienen. Aber auch der Handel mit Zubehör und Ersatzteilen geht zurück. Im Werkstattgeschäft lag die Auslastung im Jahr 2014 bei 81 Prozent, ein Jahr zuvor waren es noch 83 Prozent. IFA-Chef Diez rechnet damit, dass die Zahl der aktuell rund 7500 wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Vertragshändler bis zum Jahr 2020 auf rund 4000 sinken wird – auch wenn die Zahl der Insolvenzen mit 263 im Jahr 2014 wieder etwas stabilisiert hat.

Bernhard Schäufele (74) ist zusammen mit seinen beiden Kindern Marion (47) und Roger (44) Geschäftsführer des Autohauses Lutz in Stuttgart – einem klassischen Familienbetrieb mit knapp 40 Mitarbeitern. Der Verkauf von EU-Neuwagen der Marken VW, Audi und Skoda läuft trotz der stagnierenden Nachfrage ordentlich. Seit jeher hat das Geschäft mit dem Service aber den weitaus größeren Anteil. „Das war und ist noch immer der Renditebringer“, sagt Schäufele. Doch diese schrumpft von Jahr zu Jahr. Schäufele rechnet vor, dass die Autohändler im Jahr 2014 durchschnittlich einen Umsatz-Rückgang von 3,5 Prozent im Werkstattgeschäft verzeichnet hätten.

Die Gründe dafür sind vielfältig. So verbessert sich beispielsweise die Qualität der Autos stetig. „Heute rostet kein Auto mehr vor zwölf Jahren durch“, sagt Schäufele. Während früher Neuwagen bereits nach 5000 Kilometer zum ersten Service in die Werkstatt mussten, kommen diese heute erst nach 30 000 Kilometer oder sogar erst nach drei Jahren zum Check. Dadurch seien auch die Garantie- und Kulanzarbeiten der Hersteller deutlich zurückgegangen. Die großen Rückrufaktionen der vergangenen Jahre bei vielen Herstellern haben an diesem Trend nichts ändern können. „Das waren meist nur Kleinigkeiten, das Auto ist nach einer halben Stunde durch“, sagt Schäufele. Auf der anderen Seite müssen die Werkstätten viel Geld in moderne Analysegeräte investieren, um etwa einen mit Elektronik und Assistenzsystemen vollgestopften Audi A 8 überhaupt noch reparieren zu können.

Zudem versuchten die Versicherungen immer öfter, bei Schadensreparaturen die Kosten auf ein Minimum zu drücken oder die Versicherten gleich in eine freie Werkstatt zu lotsen. Weil immer wieder Rechnungen im Nachhinein nach unten korrigiert worden seien, haben die Händler in Stuttgart laut Schäufele jetzt ein Anwaltsnetzwerk gegründet, um gegen diese Praxis vorzugehen. Zu schaffen machen den Vertragswerkstätten natürlich auch die großen Ketten wie ATU, Reiff oder freie Werkstätten. Diese profitieren nicht zuletzt davon, dass das Durchschnittsalter der Autos in Deutschland auf knapp neun Jahre gestiegen ist und die Halter kostenbewusst reparieren lassen.

Doch noch ist das Endspiel nicht verloren. „Die Autohäuser haben erkannt, dass sie mehr in ihre Ertragsperle Werkstatt- und Teilegeschäft investieren und diesem Bereich mehr Aufmerksamkeit schenken müssen“, sagt IFA-Chef Diez. Bei einer Befragung von 150 Autohäusern im Auftrag der Dekra hätten sich klare Handlungsschwerpunkte ergeben. Neben der Steigerung der Kundenzufriedenheit und -bindung stehe die weitere Qualifizierung der Mitarbeiter im Fokus. Aber auch Maßnahmen zur Optimierung der Werkstattprozesse rückten künftig stärker ins Blickfeld.

Bernhard Schäufele jedenfalls hat klare Vorstellungen davon, worauf es in Zukunft ankommt. „Wir müssen die Kunden an uns binden – ohne qualitativ hochwertigen Service ist das Geschäft vorbei “, sagt er. Dazu zählt er etwa die telefonische Vorbereitung bei der Vereinbarung eines Termins. So könnten Ersatzteile gleich bestellt und Wartezeiten verkürzt werden. Gedacht ist auch an eine Anpassung der Reparaturkosten je nach Zeitwert des Fahrzeugs. Schließlich sei bei einem alten Auto der Aufwand nicht mehr so groß, es würden weniger teure Geräte gebraucht. Nach Absprache könne auch mal ein gebrauchtes Ersatzteil eingebaut werden. Besonders teure Reparaturen könnten auch finanziert werden.

Außerdem gehe es darum die eigenen Stärken zu betonen. So würden bei einer Hauptuntersuchung in der Werkstatt notwendige Reparaturen sofort erledigt, eine lästige Nachprüfung entfalle daher. Über neue Verfahren wie Smart-Repair könne der Ausbau von Teilen etwa bei Lackierarbeiten teilweise vermieden werden. Dies senke die Kosten für die Werkstatt und den Kunden. „Wir brauchen zudem ein qualitativ hochwertiges Marketing“, sagt Schäufele. „Die Mitbewerber schlafen schließlich nicht.“

Ein lukratives Geschäft winkt den Autohäusern bei Oldtimern, die immer beliebter werden. In Stuttgart seien die Zulassungszahlen auf 3483 gestiegen, ein Fünftel mehr als noch vor zwei Jahren, sagt Schäufele. Unter den Besitzern befinden sich immer weniger passionierte Schrauber. Dafür immer mehr, die auf den guten Service einer Werkstatt hoffen.