Die Unterbringung von Flüchtlingen fordert die Kommunen – auch finanziell. Foto: dpa

Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg haben 2014 wieder ein Plus erwirtschaftet. Doch steigende Sozialabgaben und die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen belasten die Stadtsäckel.

Stuttgart - Steigende Sozialausgaben und Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen trüben die gute Finanzlage der baden-württembergischen Kommunen. Zwar erwirtschafteten die Städte und Gemeinden im Jahr 2014 zum vierten Mal in Folge ein Plus. Jedoch sanken die Überschüsse im Vergleich zum Jahr 2013 um 289 Millionen Euro auf 422 Millionen Euro, wie Gemeindetagspräsident Roger Kehle (CDU) am Freitag in Stuttgart sagte. Für das laufende Jahr rechnet er damit, dass die Überschüsse weiter zurückgehen - auf rund 200 Millionen Euro. „Die Einnahmen stagnieren auf hohem Niveau, aber die Ausgaben steigen ungebremst an“, sagte Kehle. Darunter seien Kosten für die Kleinkindbetreuung und Tariferhöhungen für Erzieher.

Angesichts dieser Lage blieben nötige Investitionen zum Beispiel in die Verkehrsinfrastruktur häufig auf der Strecke. Kehle forderte, umgehend in die Verhandlungen über eine neue Finanzvereinbarung zwischen Kommunen und Land einzusteigen. Die bisherige Vereinbarung mit dem Land läuft 2016 aus. Als „Märchen“ bezeichnete Kehle die Behauptung, dass kein anderes Bundesland seine Kommunen so gut behandele wie Baden-Württemberg. Das Geld, das die Gemeinden im kommunalen Finanzausgleich vom Land bekämen, hätten sie zu einem Großteil zuvor selbst erwirtschaftet und dem Land überwiesen.

„Befinden uns in einer Krisensituation“

Insbesondere bereitet den Gemeinden die Unterbringung zahlreicher Flüchtlinge Kopfzerbrechen. Es sei davon auszugehen, dass viele Flüchtlinge langfristig in Deutschland blieben und dauerhaft Wohnraum bräuchten. Zwar stelle das Land 30 Millionen Euro für Baumaßnahmen für 2016 bereit. Das sei aber nur eine Förderung von 25 Prozent. Drei Viertel der Bauausgaben müssten die Kommunen selber aufbringen. „Wir befinden uns in einer Krisensituation. Wir werden vermehrt bauen müssen“, sagte Kehle mit Blick auf den angespannten Wohnungsmarkt. Die Kommunen rechnen mit 80 000 bis 100.000 neuen Asylbewerbern im Südwesten im laufenden Jahr. Das wäre eine Verdreifachung zu 2014.

Betrachtet man den Schuldenstand, stehen die baden-württembergischen Gemeinden allerdings vergleichsweise gut da: Ende vergangenen Jahres beliefen sich die Kreditmarktschulden und Kassenkredite auf 665 Euro je Einwohner. Das war im bundesweiten Vergleich der beste Wert. Am schlimmsten ist die Situation im Saarland: Dort beträgt die Verschuldung 3645 Euro je Einwohner gefolgt von Hessen (3230 Euro/Einwohner) und Rheinland-Pfalz (3145 Euro/Einwohner).

Kehle klagte über zahlreiche ungelöste Finanzfragen, die den Gemeinden eine sichere Planung unmöglich machten. So stagnierten die Verhandlungen über eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen. Werde bei einer Reform die kommunale Finanzkraft stärker berücksichtigt, könne dies für die Gemeinden in Baden-Württemberg jährlich eine Belastung von bis zu 700 Millionen Euro bedeuten.