57.000 Unterschriften von Radfahrern gegen die Zwei-Meter-Regel in baden-Württemberg Foto: dpa

Richtig ärgerlich aber ist: Die Regierung Kretschmann, angetreten mit großem Getöse um Bürgerbeteiligung, weigert sich, über die Bitte von rund 57 000 Radsportlern um eine schiedliche Neuregelung überhaupt nur nachzudenken.

Stuttgart - Sind Mitarbeiter des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums irgendwann im Wald unterwegs? Wäre es so, käme das Ministerium gewiss nicht zu der weltfremden Überzeugung, das Gesetz habe sich „bewährt“, das Waldwege von weniger als zwei Metern Breite zur verbotenen Zone für Radfahrer erklärt. Oder hat schon mal einer Mountainbiker und Crosser im Wald gesehen, die alle paar Meter absteigen und die Wegbreite messen?

Ganz offensichtlich leistet diese Regel im Waldgesetz genau das nicht, wofür sie angeblich da ist: Fußgänger, Tiere und Pflanzen vor Rücksichtslosen und Rüpeln zu schützen, die es unter Radsportlern wie unter allen anderen Verkehrsteilnehmern gibt. Der Grund: Dieses Verbot richtet sich auch gegen das rücksichtsvolle Fahren auf schmalen Wegen, nicht aber gegen Dreistigkeit und idiotische Fahrfehler.

Nun läge es nahe, diese Regel durch die so einfache wie praxistaugliche des Schweizer Kantons Graubünden zu ersetzen: Auf Wegen, die nur breit genug für eine Person sind, hat immer der Fußgänger Vortritt vor dem Radfahrer. Es erstaunt, dass die Verantwortlichen in Baden-Württemberg nicht darauf kommen. Richtig ärgerlich aber ist: Die Regierung Kretschmann, angetreten mit großem Getöse um Bürgerbeteiligung, weigert sich, über die Bitte von rund 57 000 Radsportlern um eine schiedliche Neuregelung überhaupt nur nachzudenken.

Das wiederum ist nicht mehr weltfremd, sondern schon borniert. Und macht aus einer Randnotiz wie dieser Radfahr-Regel ein echtes Politikum. Es steht ja jeder gewählten Regierung frei, sich von Kontrollzwängen und der Liebe zum Überregulieren leiten zu lassen. Dies aber auch noch als „Politik des Gehörtwerdens“ zu verkaufen ist eine Frechheit