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Schlichter Geißler fordert "Stuttgart 21 Plus" - doch der Protest bleibt, sagt Jörg Hamann.

Stuttgart - Die Heiner-Geißler-Show ist zu Ende, Stuttgart 21 kehrt in die Parlamente zurück - und auf die Straße. Weder hier noch dort wird nach dem Schlichterspruch in den kommenden Wochen stille Nacht, heilige Nacht angestimmt werden. Geißlers Empfehlung für ein "Stuttgart 21 Plus" stellt die Gegner nicht zufrieden. Ihnen ging und geht es nicht um einen verbesserten neuen Tiefbahnhof, sondern allein ums "Oben bleiben" des alten Bahnhofs. Kompromisslos. Die Schlichtung hat Umfragen zufolge die Akzeptanz von S21 erhöht. Doch der Protest dagegen wird bis zur Landtagswahl weitergehen.

Geißlers "Demokratieexperiment" taugte dazu, ein komplexes Vorhaben transparenter zu machen. Doch am Schlichtertisch, dessen Zusammensetzung und Funktion demokratisch nicht legitimiert ist, lassen sich nicht rechtsstaatlich gefasste Parlamentsbeschlüsse und Gerichtsurteile aushebeln. Das wusste Geißler. Wie die Landesregierung sieht er weder eine rechtliche Basis für einen Volksentscheid zu einem Projekt, das seit zehn Monaten im Bau ist, noch für einen Baustopp. Das enttäuscht viele Gegner.

Der Schlichterspruch greift einen ihrer wesentlichen Kritikpunkte auf, den die Bahn nicht entkräften konnte: S21 ist in der bisher geplanten Form kein verkehrspolitisches Jahrhundertwerk. Die Leistungsfähigkeit des Systems leidet unter den Engpässen auf den Zulaufstrecken am künftigen Flughafenbahnhof. Die Bahn hat einen Stresstest zugesagt. Klappt der nicht, sind teure Nachbesserungen notwendig. Weitere Konflikte drohen.

Der Alternative der S-21-Gegner erteilte auch Geißler eine klare Absage. Für die Modernisierung des Kopfbahnhofs gebe es weder eine Planung noch eine Finanzierung. Zudem eröffnet S 21 mit der Beseitigung des riesigen Gleisfeldes weitaus bessere städtebauliche Perspektiven. Kein Klein-Manhattan, kein Spekulationsobjekt dürfe dort entstehen, mahnt Geißler. Das Quartier Rosenstein werde ökologisch, bezahlbar und familienfreundlich, sichern Ministerpräsident Stefan Mappus und OB Wolfgang Schuster zu. Eine Stiftung zur Entwicklung des Viertels soll diese Ziele überwachen. Dies ist das konkreteste Ergebnis der Schlichtung.

Wie befriedend Geißler wirken konnte, zeigt sich am Samstag. Die so genannten Parkschützer rufen zur Großdemo auf - mit Protestzug über den Cityring. Es droht ein Verkehrschaos im Weihnachtstrubel, das Händler, Kunden und Touristen verärgert. Das ist der Stresstest für die aufstrebenden Grünen nach der Schlichtung: Ihr Zuspruch im klassischen Bürgertum kann schnell in Unmut umschlagen.