Konjunkturmotor Industrie – der Export schwächelt derzeit Foto: dpa

Die guten Wachstumszahlen, die die deutsche Wirtschaft grade hinlegt, zeigen nicht die ganze Wahrheit, meint Wirtschaftsredakteur Walther Rosenberger. Unter der blanken Fassade sieht es deutlich düsterer aus.

Stuttgart - Die deutsche Wirtschaft brummt. Die Beschäftigung erreicht Top-Werte, viele Branchen wollen neue Jobs zu schaffen, und die Entwicklung der Löhne kann man in vielen Branchen nur als satt bezeichnen. Aus ökonomischer Sicht gleicht Deutschland schon seit einiger Zeit einem Lummerland im Großformat – einer Insel der wuselnden Glückseligkeit, auf der alles läuft, und läuft, und läuft. Aber ist das tatsächlich so?

Es gibt Zweifel. Als die deutschen Wirtschaftsinstitute vor einem halben Jahr ihr Herbstgutachten vorlegten, schwächten sie ihre Wachstumsprognosen für 2016 zwar leicht ab, machten aber zugleich deutlich, dass die beiden tragenden Säulen der Wirtschaft – der Export und der Konsum – grundsätzlich intakt sind. Dieses Diktum gilt heute nur noch mit Einschränkungen. Deutschlands Wirtschaftsaufschwung wird zusehends vom Binnenkonsum getragen.

Dank niedriger Ölpreise, niedriger Zinsen und damit einhergehend einer geringen Inflation sind die Deutschen in Kauflaune. Mehr als eine Million Flüchtlinge heizen den Run auf die Kaufhäuser zusätzlich an. Der Außenhandel dagegen gerät zusehends in Schwierigkeiten. Zwar haben die Exporte im vergangenen Jahr wieder einen Höchststand erreicht. Die wirkliche Lage ist aber viel schlechter als die Zahlen es aussagen.

Der Welthandel als wohl zuverlässigstes Schmiermittel des deutschen Wirtschaftsmotors, stagniert. In vielen Schwellenländern kriselt es gewaltig. Würde nicht der billige Euro deutsche Waren anderswo einen Preisvorteil verschaffen, wäre die Exportwirtschaft wohl deutlich schlechter dran. In Wirklichkeit sind es derzeit nämlich positive Sondereinflüsse – vom Billigeuro bis zum Billigöl – die Deutschland stützen – und nicht so sehr die Robustheit des Landes und seiner Unternehmen.