Das Geld vermehrt sich nur langsam – erst recht, wenn die Steuern steigen Foto: Fotolia/K.U.Hler

Eine moderate Abgeltungssteuer sollte dafür sorgen, dass Sparer besser vorsorgen können und wollen. Nun könnte Steuer auf Zinsen und Dividenden für viele deutlich steigen. Mehr Gerechtigkeit erreicht man damit nicht.

Stuttgart - Wie sich die Zeiten ändern: „Die Menschen müssen entlastet und nicht zusätzlich belastet werden“, sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder – im Jahr 2013. „Ich verspreche die Abschaffung der kalten Progression erst für den Zeitpunkt, an dem wir die dafür erforderlichen finanziellen Spielräume haben“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel – das war 2014. Und nun, im Jahr 2015, erklärt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die Abgeltungssteuer, die den Steuersatz für Zinsen und Dividenden bei 25 Prozent deckelt, könne ab 2017 fallen – Anleger müssen dann den vollen Steuersatz zahlen. Drei Jahre, drei Aussagen, eine Linie: Entlasten, verschieben, abkassieren.

2017 ist praktischerweise nicht nur die Wahl gelaufen, sondern dann gilt auch das Abkommen über den internationalen Datenaustausch, das Kapitalflucht fast unmöglich macht. Es ist zwar völlig richtig, dass die Staaten grenzüberschreitend die Steuerhinterziehung bekämpfen. Doch offensichtlich kann es der Finanzminister gar nicht erwarten, nach dem Schließen der Schlupflöcher den Anlegern wieder tief in die Taschen zu greifen. Als sei seine wichtigste Aufgabe das Schröpfen des Bürgers.

Wer Geld zur Seite legt, um für die Zukunft vorzusorgen, gehört heute weniger denn je als Reicher diffamiert, sondern belohnt. Denn gerade diese Bürger entlasten die Solidargemeinschaft. Wer die Kosten einer Heimpflege kennt, kann ermessen, welchen Unterschied es ausmacht, ob diese Kosten vom Gemeinwesen übernommen werden müssen - oder ob der Einzelne dazu etwas beisteuert. Mit höheren Zinssteuern sendet der Staat an die Bürger das fatale Signal aus: Verjuble heute Dein Geld und denke nicht an morgen. Wir werden’s dann schon richten. Doch die Sorglosigkeit von heute ist die Überlastung von morgen.

Die Steuer belastet Einkommen,die den Sparer nicht reicher machen

Die Abgeltungsteuer wird auch nicht dadurch gerechter, dass die Zinsen auf historischen Tiefstständen verharren. Denn dadurch ist es reine Glückssache, ob die üblichen Erträge auch nur die Inflation ausgleichen, was oft nicht der Fall ist. Die Steuer belastet dann ein Einkommen, von dem sich der Sparer nichts kaufen kann. Das als gerecht zu empfinden, erfordert schon eine verquere Logik.

Wer sein Heil in Aktien sucht, wird sogar noch stärker abkassiert. Denn seine steuerpflichtigen Dividenden sind zuvor schon einmal beim Unternehmen durch die staatliche Umverteilungsmaschine gelaufen, so dass der Fiskus unter dem Strich schon heute mehr einbehält als bei der Reichensteuer. Zum Dank lässt er manche Aktionäre sogar auf ihren Verlusten sitzen, denn sie können diese nicht einmal mit ihrem Arbeitseinkommen verrechnen, mit dem die Kapitalerträge doch angeblich gleichgestellt werden sollen. Erträge werden sozialisiert, Verluste privatisiert – was der Staat bei den Banken hineinbuttert, holt er sich bei den privaten Aktionären zurück.

Es geht um Geld, nicht um Gerechtigkeit

Die einzige Logik einer höheren Steuer auf Kapitalerträge ist die des Abkassieren. Und weil der staatliche Geldbedarf tendenziell unerschöpflich ist, werden den öffentlichen Umverteilern niemals die Begründungen ausgehen, mit denen sie höhere Steuern fordern. Fällt der Politik gar nichts mehr ein, wofür sie die sprudelnden Einnahmen ausgeben könnte, lockt sie zum Beispiel mit Milliardenbeträgen 63-Jährige in die Rente, obwohl Firmen sie noch dringend benötigen würden. Dabei gäbe es mit Themen wie Bildung, Integration und Straßenbau genügend wichtige Aufgaben, die aus den riesigen öffentlichen Haushalten bestritten werden müssen – und auch können, wenn man auf sie denn den Schwerpunkt legt. Eine Politik aber, die keine Prioritäten zu setzen vermag, wird durch noch mehr Geld nicht besser, sondern nur teurer.