Pep Guardiola, Meisterschale: Der Branchenführer macht weiter voran Foto: dpa

Zum Saisonstart ist unbestritten: Die Fußball-Bundesliga boomt weiter, sie ist auch international attraktiver denn je. Der WM-Titel trägt dazu bei. Jetzt fehlen nur noch Stars mit Glamour-Faktor, meint StN-Sportchef Gunter Barner.

Stuttgart - Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Bundesliga-Clubs zu Beginn einer Saison neue Ziele stecken. Beim FC Bayern München lässt es sich exakt bemessen: Es ist 22 Stockwerke hoch und eine feine Adresse in Manhattan: Lexington Avenue. Zur Eröffnung der ersten US-Dependance eines deutschen Fußballvereins servierten Hostessen bayerische Quarkschnittchen und Weißbier, eine Jazz-Combo spielte, und der unvermeidliche Thomas Gottschalk gefiel sich vor dem handverlesenen Publikum in der Rolle als Werbebotschafter: „It’s never been a better time for soccer than now.“ Es könnte sein, dass die Zeit für den deutschen Fußball tatsächlich nie günstiger war, rund um den Erdball neue Wachstumsmärkte zu erobern. Soccer made in Germany wird mehr und mehr zum Gütesiegel für die hohe Kunst des Spiels und für beste Unterhaltung.

Dass sich Jogis kreuzbrave Jungs auch noch den Weltmeistertitel holten, hat dem sorgsam geplanten Paradigmenwechsel der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sicher nicht geschadet: Aus den Local sollen Global Players werden. Denn national stoßen die Mittelstürmer der Vermarktungsmannschaften an Grenzen. Aus Ticketverkauf, dem Handel mit Fan-Artikeln und im Sponsoring sind nennenswerte Wachstumsschübe kaum mehr zu erwarten. Auch die Preisspirale bei den Fernsehrechten lässt sich nicht endlos nach oben schrauben. So betrachtet ist der Perspektiv-Wechsel aus dem 22. Stock über New York ein notwendiger unternehmerischer Schritt. Viel zu lange hat die Bundesliga der englischen Premier League und der spanischen Primera División das Feld in den USA und in Asien überlassen. Das Finale um einen sportlich bedeutungslosen Brauerei-Cup zwischen Real Madrid und Manchester United in Ann Arbor feierten neulich 109 318 Fans.     Fraglich ist allerdings, ob es vergleichsweise blassen Marken wie dem VfB Stuttgart reicht, im internationalen Wettbewerb um die Budgets der Fußballfans ausschließlich als Vertreter deutscher Qualitätsarbeit anzutreten.

Zwar wird nirgendwo so intensiv gearbeitet und trainiert wie in der Bundesliga. Die Nachwuchsschulung und -förderung ist vorbildlich, die Lizenzierung durch die DFL garantiert einigermaßen solides Wirtschaften, die Stadien sind modern und komfortabel, die Organisation perfekt. Aber das Interesse der Fans wecken weder Daten noch Fakten. Entscheidend sind Star-Dichte und Glamour-Faktor der Liga. Und in dieser Hinsicht hat die Bundesliga außer ein paar perfekt geföhnten Frisuren-Models eher wenig zu bieten. Man muss ja nicht gleich in Hotel-Foyers pinkeln oder mit dem Döner um sich werfen. Oder wie Antonio Percassi, Präsident des italienischen Erstligisten Atalanta Bergamo, in einer ausrangierten russischen MiG durch die Straßen ziehen – mit dem geschmacklosen Versprechen: „Wir werden die Konkurrenz bombardieren.“ Mario Götze, Marco Reus oder Mats Hummels wirken jedenfalls, als seien sie eben erst aus der Playstation gestiegen.     

So betrachtet bleibt zu Beginn der neuen Bundesliga-Saison der größte Aufreger, dass sich die Patrone der Titelfavoriten aus München und Dortmund balgen wie junge Hunde. Und die heikelste Frage ist wohl die, ob der FC Bayern seiner guten Sitte folgt, wonach er auf ein großes Turnier der Nationalmannschaft meist eine durchwachsene Saison folgen lässt. Als spannendstes Projekt gilt Aufsteiger SC Paderborn, dessen Coach André Breitenreiter seit Tagen leicht genervt darauf verweist, dass Paderborn sogar über ein Ortsschild verfüge und nicht nur zum Trikottausch in der Bundesliga sei.     

Ansonsten hilft in der Saison nach dem WM-Titel der Rat des einstigen VfB-Trainers Jürgen Röber: „Wir müssen jetzt mit dem Boden auf den Füßen bleiben.“

g.barner@stn.zgs.de