Die EZB steht nach dem Stresstest vor weiteren großen Aufgaben. Foto: dpa

Die neue Bankenaufsicht nimmt große und kleine Häuser ins Visier. Ein Kommentar von Frankfurt-Korrespondent Rolf Obertreis.

Nach dem Stresstest ist vor dem Stress – und vor dem Beginn in der Bankenaufsicht in Europa. Kommende Woche übernimmt die Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) die Kontrolle über rund 5000 Geldhäuser in der Euro-Zone. Ab 4. November brechen für Bank-Manager schwierigere Zeiten an. Das sagt die EZB, sagt die Politik, sagen aber auch Experten.

Das ist ein gutes Signal. Fehlleistungen der Banken, unverantwortliche Geschäfte oder das Verschieben von Aktivitäten in Gesellschaften, die keiner offiziellen Kontrolle unterliegen, sollen verhindert werden. Schieflagen, die nicht nur das Finanzsystem, sondern die ganze Wirtschaft nach unten reißen, sollen der Vergangenheit angehören.

Das ist mehr als angebracht. Die deutschen Banken haben beim Kapital-Check zwar ein ermutigendes Ergebnis erzielt. Sie sind für den Krisenfall, den die EZB simuliert hat, gut gerüstet und gelten als sicher. Im Gegensatz zu etlichen Instituten im Süden Europas. Dennoch: Es ist nur eine Momentaufnahme, und auch die Notenbanker können nicht jede Krise vorhersehen. Zudem hat die EZB zusätzliche fragwürdige Kredite im Volumen von 136 Milliarden Euro in den Bankbüchern entdeckt. All das zeigt: Eine verschärfte Aufsicht über die Geschäfte von Banken, Volksbanken und Sparkassen ist unabdingbar. Um auch zu verhindern, dass am Ende wieder der Steuerzahler Missstände und Verfehlungen von Bankern und Banken korrigieren muss.

An der Spitze der neuen Aufsichtsbehörde unter dem Dach der Notenbank (SSM) stehen sehr erfahrene Aufseher. Neben der energischen Französin Danièle Nouy ist das unter anderem Ex-Bundesbankerin Sabine Lautenschläger, die in der Vergangenheit nie gezögert hat, den Banken die Leviten zu lesen. Künftig wird die EZB monatlich Tausende von Daten abfragen, sie wird bei den Großbanken permanent vor Ort in die Bücher schauen. Sie wird Geschäftsmodelle auf ihre Nachhaltigkeit prüfen und bei Bedenken deutlich höhere Puffer verlangen. Dort wo das Kapital nicht ausreicht, um die Risiken im Kreditgeschäft und bei Anleihen abzudecken, müssen die Banken nachlegen. Wer den Auflagen nicht nachkommt, muss mit Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes rechnen. Und in letzter Konsequenz mit der Abwicklung.

Wichtig ist auch: Die Bankenaufseher werden bei ihrer Kontrolle rotieren, und die Teams, die den großen Instituten auf die Finger schauen, dürfen nicht von einem Kontrolleur aus dem Heimatland der Bank geleitet werden.

Die verschärfte Aufsicht gilt nicht nur für die 120 Großbanken mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro, sondern auch für die rund 5000 mittelgroßen und kleineren Institute, die der SSM indirekt über die nationalen Bankenaufseher überwacht. Auch bei Volksbanken und Sparkassen wird sehr genau hingeschaut. Für sie wird die Aufsicht teurer. Schon bald wird ihnen die EZB unter anderem wohl auferlegen, über jeden Kredit ab einem Volumen von 50 000 Euro rund 120 Daten zu übermitteln, also etwa auch für Darlehen an private Häuslebauer. Der Verwaltungsaufwand wird deutlich größer. Den kleineren Banken wird das kaum gefallen, weil sie die Kosten nur schwer wieder reinholen können.

Das kann und darf die Aufseher nicht sorgen – sie müssen Probleme frühzeitig erkennen, um Schieflagen zu verhindern. Klar ist aber auch: Das Risiko von Bankpleiten und einer neuerlichen Finanzkrise bleibt. Es sollte aber deutlich kleiner sein als in der Vergangenheit. Allein das wäre schon ein wichtiger Schritt.