Ein Tornado auf dem Nato-Stützpunkt Incirlik Foto: Bundeswehr

Das Hin und Her um Abgeordnetenbesuche auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik geht in eine neue Woche. Statt Ankara endlich ein Zeichen der Entschlossenheit zu senden, übt sich die Bundesregierung in diplomatischen Verrenkungen, meint Matthias Schiermeyer.

Stuttgart - „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, sind ein Stück vorbei“, sagt Kanzlerin Angela Merkel. Was in erster Linie auf US-Präsident Donald Trump gemünzt war, gilt erst recht für Recep Tayyip Erdogan, den türkischen Staatspräsidenten. Obwohl die Türkei ein Nato-Partner ist, kann von Verlässlichkeit keine Rede mehr sein. So gesehen braucht es ein Zeichen der Entschlossenheit, nachdem die Bundesregierung noch immer keine uneingeschränkte Besuchserlaubnis für deutsche Abgeordnete am Tornado-Stützpunkt Incirlik erwirken konnte: ein Ultimatum etwa, damit jeder weiß, bis wann die Regierung eine Entscheidung über den Abzug der Tornados und der deutschen Soldaten treffen will.

Zugang zu Konya ist kein Verhandlungserfolg

Erdogan lässt in seinen Wortmeldungen keinen Zweifel daran, dass er auf die Anwesenheit der Deutschen wenig Wert legt. Folglich haben die jüngsten Gespräche Merkels mit ihm beim Nato-Gipfel genauso wenig gebracht wie die diplomatischen Verrenkungen davor und danach. Auf was wartet sie noch? Die Langmut der Kanzlerin mit Ankara scheint übergroß. Die Furcht, eine klare Reaktion könnte sich auf das Flüchtlingsabkommen auswirken, ist unverkennbar. So missachtet der Unterdrücker Erdogan unbeschadet alle westeuropäische Rechtsstaatsprinzipien.

Eher kurios wirkt in diesem Zusammenhang der Versuch, den freien Zugang zum türkischen Stützpunkt Konya – wo die Awacs-Aufklärungsflugzeuge stationiert sind – als Verhandlungserfolg und Zeichen der Entspannung darzustellen. Die Flüge der Abgeordneten dorthin könnten als reine Nato-Flüge deklariert werden, hieß es zur Begründung. Das erscheint wie ein Trick, um Ankara nicht zu brüskieren. Tatsächlich brüskiert die Türkei jedoch die Bundesregierung.

Eindruck der Unentschlossenheit

Bis Mitte Juni will sich Berlin nun Zeit nehmen. Gewiss, es kommt nicht auf einen Tag oder eine Woche an – militärisch ohnehin nicht. Aber je länger die Bundesregierung mit einem klaren Signal wartet, desto mehr erweckt sie den Eindruck des Zauderns und der Ängstlichkeit. Dieses wäre sicher nicht die angemessene Reaktion auf die mangelnde Verlässlichkeit einst hochgeschätzter Partner. Das gilt für Trump, erst recht aber für Erdogan.