Pflege ist eine anspruchsvolle Aufgabe – und eine, die in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird Foto: dpa

Kriminelle Pflegedienste bringen eine ganze Branche in Verruf, deren Bedeutung in Zukunft noch wachsen wird. Denn bis 2030 soll die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland auf 3,4 Millionen steigen.

Stuttgart - Die Gesellschaft altert. Das rückt die Pflegebranche ins Rampenlicht. Derzeit gelten rund 2,6 Millionen Menschen in Deutschland als pflegebedürftig. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass dieser Wert schon bis zum Jahr 2030 auf 3,4 Millionen steigt. Die Zahl der benötigten Fachkräfte kann damit schon lange nicht mehr Schritt halten. Wie in anderen Branchen herrscht der Mangel.

Das macht es windigen Unternehmern zumindest nicht schwerer, ihre fragwürdigen Dienste an den Mann und die Frau zu bringen. Immer neue Maschen tauchen auf. Manchmal sind die Patienten darin verwickelt, meistens aber streichen die schwarzen Schafen unter den ambulanten Pflegediensten den Gewinn alleine ein. Da werden hilfebedürftige Menschen abgezockt, aber genauso die Pflegekassen und damit die Allgemeinheit.

Menschen, die Pflege brauchen, und ihre Angehörigen sind für Kriminelle oftmals leichte Beute. Sie müssen aus einer Notlage heraus handeln. Meist muss es schnell gehen. Pflege ist aufwendig und teuer. Die Zuschüsse der Pflegeversicherung decken oft nur einen geringen Teil der tatsächlichen Kosten ab. Wer da finanziell nicht gut abgesichert ist, stößt schnell an seine Grenzen. Dann zählt jeder Euro. Verbunden damit ist die Sorge um den geliebten Menschen. Existenzielle Fragen für die ganze Familie spielen in solchen Phasen eine Rolle.

Da bleibt oft keine Zeit und Ruhe, die Leistungen des Anbieters im Detail zu prüfen. Man unterschreibt Arbeitsbögen, die man nicht kontrolliert, oder bezahlt für Tätigkeiten, mit deren Namen man noch nicht einmal etwas anfangen kann. Ob die Pflegekräfte, die tagtäglich ins Haus kommen, tatsächlich die notwendige Qualifikation haben und wie ihr Arbeitgeber sie bei der Kasse angibt, entzieht sich meist der Kenntnis der Patienten. Erst recht, wenn sie allein sind und sich ohnehin kaum wehren können.

Solche Betrügereien sind besonders verwerflich, denn sie treffen Menschen, die alt oder krank sind oder beides. Und sie beschädigen den Ruf einer ganzen Branche. Anders als in Berlin, wo gegen Hunderte Anbieter ermittelt wird und immer neue Tricks auftauchen, scheint in Baden-Württemberg der überwiegende Teil der ambulanten Pflegedienste seriös zu arbeiten. Das muss unbedingt so bleiben. Die Ermittler tun sich schwer mit den Fällen, weil zum einen viele unentdeckt bleiben, zum anderen der Nachweis extrem aufwendig ist. Dennoch müssen schwarze Schafe verfolgt werden, wo immer das möglich ist. Den Patienten selbst und ihren Angehörigen bleibt nur, genau zu prüfen, mit wem sie sich einlassen und was abgerechnet wird. Und sich womöglich rechtzeitig umzusehen, bevor der Notfall alle Sorgfalt vergessen lässt.

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