Noch zu viele Autos stoßen im Übermaß Abgase mit Feinstaub und hoher Stickstoffdioxid-Konzentration aus – das will man an kritischen Tagen mit dem Feinstaubalarm ändern. Foto: dpa

Seit 11. Januar müssen die Autofahrer in Stuttgart immer mit dem Ernstfall rechnen. Dass der Feinstaubalarm bisher noch nicht ausgelöst wurde, liegt an der nassen Witterung. Das wird sich bald ändern. Dann sind die Autofahrer gut beraten, freiwillig das Auto stehen zu lassen, meint unser Redakteur Josef Schunder im Kommentar.

Stuttgart - Es wäre zwar nicht der größte anzunehmende Unfall, der GAU, gewesen, aber schon ein böses Erwachen: wenn der Arbeits- und Schulalltag nach den Feiertagen mit einem Feinstaubalarm eingeläutet worden wäre. Es ist uns erspart geblieben. Der Wettergott half mit. Er war offenbar milde gestimmt.

Doch der Tag, da die Menschen im Großraum Stuttgart ihre Autos freiwillig stehen lassen und unnötige Kaminfeuer vermeiden sollen, wird unweigerlich kommen. Und zwar schon bald. Irgendwann wird der Winter, der bisher zumeist ein Frühling oder Herbst war, doch noch ein richtiger Winter werden. Und Winter von dieser Sorte sind die hohe Zeit der austauscharmen Wetterlagen und der beständig über dem Boden wabernden Luftschadstoffe im windarmen Stuttgarter Kessel. Also die hohe Zeit des Feinstaubalarms, mit dem das Land und die Stadt künftig die Luft verbessern und Sanktionen von der Europäischen Union vermeiden wollen.

Weniger Verkehr ist ein Gewinn

Dass dieser Kurs richtig, ja unvermeidlich ist, müsste jeder einsehen. Aber das Umdenken wird vielen schwerfallen. Daher tat OB Kuhn gut daran, dass er am Freitag, kurz vor dem Beginn der Alarmbereitschaft in Stuttgart, für das Mitmachen warb. In der Tat kann jeder mithelfen, dass die Feinstaubgrenzwerte (und die Stickstoffdioxid-Grenzwerte) künftig nicht mehr so häufig überschritten werden. Denn die Erfolge bei der Verbesserung der Luft in den vergangenen Jahren reichen eben noch nicht aus.

Was aber, wenn die Grenzwerte demnächst trotz Alarm und trotz spürbarer Reduzierung des Verkehrsaufkommens tagelang überschritten sein sollten? Dann, das ist ziemlich sicher, werden viele einen Fehlschlag beklagen und derartige Maßnahmen ablehnen. Das wäre allerdings unsachgemäß und unvernünftig. Wenn weniger Autos aus einer größtenteils noch zu abgasintensiven Flotte fahren, ist das auf jeden Fall ein Gewinn für die Umwelt. Das heißt nun aber nicht, dass man nicht ernsthaft um die Einhaltung der Grenzwerte ringen müsste. Im Gegenteil. Alle stehen vor einer Prüfung. Nicht nur die Autofahrer, sondern auch die Stadtverwaltung und die Landesbehörden.

Die ganze Metropolregion muss mithelfen

Sie müssen es schaffen, dass nicht nur in Stuttgart vom Feinstaubalarm auf momentan noch freiwilliger Basis die Rede ist, sondern dass die Autofahrer gleich in Reutlingen, Tübingen, Pforzheim, Heilbronn und Ulm auf andere Verkehrsmittel umsteigen und nicht mit dem Auto nach Stuttgart kommen. Dafür werden die Behörden in Stuttgart natürlich vor allem auf die diversen Medien setzen. Aber es wird auch notwendig sein, dass sie in den anderen Städten Wohlwollen in Rathäusern und Landratsämtern finden. So gesehen stehen auch OB Kuhn und Verkehrsminister Hermann samt Mitarbeitern vor einer Bewährungsprobe.

Am Ende, da muss man kein Prophet sein, wird die Luftreinhaltung auf die freundliche Art und auf freiwilliger Basis nicht ausreichen. Aber abgerechnet wird erst in anderthalb Jahren.

j.schunder@stn.zgs.de