Um Elektroautos attraktiver zu machen, müssen nach Meinung von Politik und Wirtschaft mehr Stromtankstellen gebaut werden. Foto: dpa

Die Regierung und die Autobauer haben sich auf eine Kaufprämie für Elektroautos verständigt. Der staatliche Bonus ist teuer und führt zu einem Strohfeuereffekt, meint StZ-Redakteur Roland Pichler.

Berlin - Seit Jahren drängeln die deutschen Autohersteller. Die Konzerne haben nun erreicht, was sie wollten: Die staatliche Kaufprämie wird kommen. Für den Kauf eines Elektroautos gibt der Staat 4000 Euro Zuschuss. Die Höhe der Prämie bleibt zwar hinter den Erwartungen der Autohersteller zurück. Die Unternehmen mussten auch akzeptieren, dass sie die Hälfte der Subvention selbst bezahlen müssen. Das ist ein schwacher Trost. Dies ändert nichts daran, dass der Autolobby wieder einmal auf Kosten der Steuerzahler eine Vorzugsbehandlung eingeräumt wird. Die Privilegien sind auch gegenüber anderen Branchen unfair. Wer das unwürdige Werben der mächtigen Lobby verfolgt, wundert sich, dass eine selbstbewusste Industrie unisono in den Ruf nach Staatshilfe einstimmt. Dieselben Manager, die in Sonntagsreden die Prinzipien des freien Marktes preisen, werden in Berlin als Bittsteller vorstellig, um Steuergeld einzuheimsen. Statt Vorsprung durch Technologie anzustreben, setzen deutsche Autohersteller auf Subventionen . Deren Kalkül: Die Käufer, die an den Elektrowagen bisher vorbeigegangen sind, sollen mit der Aussicht auf staatliche Prämien gelockt werden. Es stimmt zwar, dass die Verbraucher gern zugreifen, wenn der Staat etwas drauflegt – doch dies wird Elektroautos kaum auf die Überholspur bringen, zumindest nicht auf Dauer.

Subventionen sind ungerecht

Die Subvention ist ungerecht, denn sie führt dazu, dass Gering- und Normalverdiener dafür zahlen sollen, dass sich Besserverdiener ein Elektroauto leisten. E-Autos sind in der Anschaffung deutlich teurer, weshalb sie bisher eben nicht von der Masse gekauft wurden. Daran ändert auch ein staatlicher Bonus nichts. Bei der Kaufprämie handelt es sich um teure Symbolpolitik. Mit derselben Berechtigung könnten die Bahn, Waschmaschinenhersteller und Heizungsfabrikanten eine Staatsprämie fordern. Die Einführung neuer Produkte sollte der Staat den Unternehmen überlassen, ansonsten überfordert er sich. Die Autoindustrie hat die Kaufprämie zum Popanz aufgebaut, so dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, von der Förderung hänge die Zukunft der Elektromobilität ab. Das verstellt den Blick auf die Tatsachen. Autos mit Elektroantrieb werden noch wenig gekauft, weil die Reichweite einer Batterieladung mit ungefähr 100 bis 160 Kilometern von den Kunden als zu gering angesehen wird. Wichtiger als staatliche Zuschüsse sind Lösungen für mehr Fahrleistung. Dazu gehört ein flächendeckendes Netz mit Stromtankstellen und Schnellladesäulen. Beim Ausbau der Infrastruktur soll der Staat ansetzen, das ist seine ureigene Aufgabe. Hier kann die Regierung tatsächlich mehr tun. Ein wichtiger Beitrag bestünde auch darin, dass die öffentliche Hand bei ihren Fuhrparks mit gutem Beispiel vorangeht und die Flotten von Polizei, Bundeswehr und Ministerien umstellt. Das sind ordnungspolitisch die richtigen Antworten.

Verweis auf die Förderung im Ausland

Das Argument der Industrie, im Ausland sei die Förderung der Elektromobilität großzügiger, überzeugt nicht. Es ist zwar richtig, dass die USA, China und Norwegen mit spürbaren Steueranreizen und Prämien locken. Dabei übersieht die deutsche Autoindustrie aber geflissentlich, wie viel die deutschen Steuerzahler schon für die Autobauer getan haben. Als die große Koalition im Jahr 2009 die Abwrackprämie einführte, um die Wirtschaftskrise zu überwinden, trug die Allgemeinheit die Kosten von fünf Milliarden Euro. Dies mag in einer Sondersituation vertretbar gewesen sein. Die Regel werden darf es nicht. Das liegt auch im Interesse der gut verdienenden Automobilwirtschaft, deren Anspruch darin bestehen muss, es grundsätzlich ohne Staatshilfe zu schaffen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) machte einen Fehler, als sie das Ausbauziel der Unternehmen zu ihrer Aufgabe machte. Bis 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeugen auf deutschen Straßen rollen, lautet die Vorgabe. Natürlich verdient der Ausbau der Elektromobilität schon aus Gründen des Klimaschutzes die Unterstützung der Politik. Doch ob eine neue Antriebstechnik eine Zukunft hat, kann sich nicht an Fördergeldern entscheiden. Die Industrie muss ihre Hausaufgaben schon noch selbst erledigen.