Betriebsrentner als Opfer: Die Rettung des Euro geht voll zulasten der Altersvorsorge Foto: dpa

Weil das Sparen unattraktiv ist, werden Sparer durch die niedrigen Zinsen geradezu gedrängt, ihr Geld auszugeben. Während die Sparer leiden, lassen die erwünschten positiven Folgen für die Konjunktur auf sich warten, kommentiert Klaus Köster.

Stuttgart - Nie waren die Zinsen so niedrig – und Kredite so billig. Das ist politisch gewollt, denn so wird es für die Staaten leichter, die Schuldenlast zu tragen – auch wenn dies nicht unbedingt wünschenswert ist. Schließlich wird es dadurch weniger lohnend, die aufgetürmten Defizite tatsächlich zu verkleinern.

Doch darauf kommt es der Politik nicht an – ebenso wenig wie darauf, dass die Sparer die großen Verlierer dieser Entwicklung sind. Im Gegenteil – weil das Sparen unattraktiv ist, werden Sparer durch die niedrigen Zinsen geradezu gedrängt, ihr Geld auszugeben. Während die Sparer leiden, lassen die erwünschten positiven Folgen für die Konjunktur auf sich warten – vielleicht auch deshalb, weil die Firmen lieber in einer vitalen südeuropäischen Wirtschaft investieren würden als in einer, die dauerhaft künstlich über Wasser gehalten wird.

Während die Sparer allein in Deutschland bereits Hunderte Milliarden an Zinseinnahmen eingebüßt haben, steht eine andere Gruppe von Betroffenen bisher kaum im Rampenlicht: die mittelständischen Unternehmen, die gerade im Südwesten das Rückgrat der Wirtschaft sind. Um Fachkräfte finden und halten zu können, bieten sie seit langem Betriebsrenten an, die sie finanzieren, indem sie sehr viel Geld zur Seite legen. Diese Zusagen waren auch deshalb möglich, weil die Zeit für sie spielte: Schließlich werden die Renten erst lange Zeit nach der Zusage wirksam; deswegen haben die Firmen viel Zeit, das benötigte Kapital aufzubauen. Gerade bei langfristigen Anlagen macht sich außerdem der Zinseszins-Effekt massiv bemerkbar, so dass die Firmen ihre Renten mit erträglichen Belastungen finanzieren können.

Doch mit der einseitigen Ausrichtung der Europäischen Zentralbank (EZB) auf das Herauspauken überschuldeter Euro-Staaten ist diese Säule der Altersversorgung brüchig geworden. Mit jedem Jahr, in dem die Niedrigzinspolitik anhält, wachsen die Deckungslücken für die Pensionen, weil die Zinserträge weit hinter dem zurückbleiben, was man unter – scheinbar – realistischen Annahmen angesetzt hatte. Viele Firmen müssen immer größere Löcher stopfen, die die europäische Geldpolitik in ihre Kassen reißt.

Deswegen müssen die Pensionen verstärkt aus den Erträgen des laufenden Geschäfts finanziert werden. Firmen werden gezwungen, in die Vergangenheit zu investieren statt in ihre Zukunft. Mit sinkenden Zinsen steigen überdies die erforderlich Pensionsrückstellungen – das Eigenkapital sinkt, die Firmen werden gewissermaßen an die eigenen Beschäftigten verpfändet.

Gerade heute aber ist es für Unternehmen enorm wichtig, in neue Technologien zu investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Digitalisierung der Wirtschaft verlangt fast allen Branchen enorme Anstrengungen ab, ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und mit neuen Technologien umzugehen. Das kostet Geld, das aber fehlt, wenn es zum Auffüllen von Lücken bei der Betriebsrente abgezweigt werden muss. Wenig hilfreich ist es in dieser Situation, dass die Betriebsrenten bereits vor Jahren überfallartig mit den doppelten Sätzen für Kranken- und Pflegeversicherung belegt wurden.

Dass die Bundesregierung aus der Rentenkasse lieber milliardenschwere Zusatzleistungen wie die Rente mit 63 und die Mütterrente finanziert, anstatt mit den absehbar schwindenden Beitragseinnahmen sparsam im Sinn aller Rentner umzugehen, trägt ebenfalls nicht zur Stärkung der Altersvorsorge bei. So werden unter der gegenwärtigen Politik vor allem diejenigen bestraft, die für die Zukunft vorsorgen, damit sie auch im Alter auf eigenen Beinen stehen.