Der neue Tiefbahnhof wird nach heutigen Stand erst Ende 2023 in Betrieb gehen können. Foto: 7 Aktuell

Es irritiert, dass S 21 wieder kurz davor steht, den Kostendeckel zu sprengen, kommentierte Christoph Reisinger.

Stuttgart - Herzlich mitgelacht über die Neubauruine des Berliner Flughafens, über das Finanzfiasko der Hamburger Elbphilharmonie? Grund genug gibt es. Inzwischen muss Stuttgart aber mächtig aufpassen, sich mit dem Bahnprojekt S 21 nicht in diese Riege einzureihen.

Das Eingeständnis der Bahn irritiert, dass sich der Hauptbahnhof um zwei Jahre, und zwei Tunnel um mindestens eines verzögern. Es überrascht aber nicht. Viele Verspätungen sind zwangsläufig durch Erkenntnisse und eine entsprechende Anpassung der Pläne getrieben, die sich erst im Lauf des Bauens ergeben. Heftiger irritiert, dass S 21 wieder kurz davor steht, den Kostendeckel zu sprengen. Er wurde 2013 um zwei auf stolze 6,526 Milliarden Euro hochgewuchtet.

Hinter Stuttgart 21 stehen wieder Fragezeichen

Was in der Summe bedeutet: Hinter Stuttgarts größtem Bauprojekt stehen trotz aller anerkennenswerten Fortschritte wieder Fragezeichen. Und zwar erneut an den neuralgischen Punkten Zeit und Geld. Dabei hieß es vor drei Jahren vonseiten der Bahn wie auch der Projektpartner Stadt, Region und Land, die Hürden seien überwunden. Allzu kühn.

Billig und gefährlich wäre es, denen die Verantwortung komplett zuzuweisen, die das Projekt vorantreiben. Billig, weil die wenigsten von ihnen schon im Rennen waren, als S 21 kostenseitig so weltfremd geplant wurde. Gefährlich, weil es der falsche Weg wäre, Risiken nicht mehr ständig neu abzuwägen und nicht zu entschärfen, um Zeit und Geld zu sparen.

Es bleibt aber in der Verantwortung der Bahn, die neuen Nöte zu lindern – und heikle Entscheidungen zu fällen: Lieber den Fahrbahnverlauf auf der Heilbronner Straße noch 25-mal ändern? Oder zu wesentlich höheren Kosten eine Brücke darüber bauen, damit es auf dem Bauabschnitt dort schneller geht? Anwohner, Autofahrer, Steuerzahler werden mit der einen Lösung nicht zufrieden sein, mit der anderen auch nicht. Dabei wären Stabilität in der Finanzierung und Ruhe im politischen Umfeld von S 21 erste Voraussetzungen dafür, dass der Bahnhof wenigstens 2023 fertig wird.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de