Die Sanktionen der EU dürften Russlands Staatschef Wladimir Putin kaum zur Räson bringen Foto: dpa

Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Ländern sind kein Gnadenakt, sondern werden meist zum gegenseitigen Vorteil aufgenommen. Deshalb müssen Sanktionen wohl dosiert sein, meint Klaus Köster.

Stuttgart - Die Logik von Wirtschaftssanktionen beruht auf der Idee, einen Übeltäter – in diesem Fall den russischen Präsidenten Wladimir Putin – zu bestrafen und zur Räson zu bringen. Dass das selten funktioniert, ist kein Zufall. Denn Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Ländern sind kein Gnadenakt, sondern werden meist zum gegenseitigen Vorteil aufgenommen. Russland bekommt zwar deutsche Anlagen; doch europäische Anlagenbauer bekommen im Gegenzug eine breitere wirtschaftliche Basis und nicht zuletzt Erlöse, mit denen sie ihre Weiterentwicklung und auch die Löhne der Mitarbeiter bezahlen können. Wer andere wirtschaftlich bestraft, bestraft immer auch sich selbst, und das weiß gerade Putin sehr genau. Die unverhohlene Drohung mit höheren Gaspreisen im Winter trifft gerade Deutschland mit seiner extrem teuren Energie an einer empfindlichen Stelle.

Die einzige Folge einer Eskalation von Strafe und Gegenstrafe wäre wohl die, dass am Ende auch die verbliebenen diplomatischen Gesprächsfäden abreißen. Zudem haben die westlichen Industriestaaten kein dauerhaftes Monopol auf hochwertige Wirtschaftsgüter; mit China steht ein Land bereit, das die Lücke nur zu gerne füllen würde. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Mit Wirtschaftssanktionen lassen sich auch noch so berechtigte Ziele nicht durchsetzen.

Insofern ist der Vorschlag aus der Wirtschaft nicht abwegig, Sanktionen zunächst zeitlich zu befristen und damit nicht nur ein Signal der Missbilligung von Moskaus Ukraine-Politik auszusenden, sondern zugleich eine Perspektive der Normalisierung zu geben. Eine Bestrafungsspirale verursacht auf allen Seiten wirtschaftlichen Schaden und macht eine politische Lösung immer schwerer.

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