Galgen bei der Pegida-Kundgebung. Foto: dpa

Politik und Gesellschaft müssen sich darauf vorbereiten, dass die rechtspopulistisch aufgeladene Empörungsbewegung noch stärker wird. Es kommentiert Markus Grabitz.

Berlin - Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte man gewettet, dass sich die Sache mit Pegida bald erledigt haben würde. Man hoffte, dass dann bis auf ein paar Versprengte alle Sachsen erkannt hätten, wie verquer der vorbestrafte Vorturner der Montagsspaziergänger durch die Dresdner Altstadt, Lutz Bachmann, argumentiert. Im Juli, ja noch im August hätten so ziemlich alle Beobachter prognostiziert, dass die unappetitliche Bewegung noch vor ihrem Einjährigen wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden ist.

Das ist sie leider nicht. Sie ist wieder da. Aber, und das sollte Mut machen, derzeit folgen nur 9000 Verstockte den Aufrufen von Bachmann – zu Hochzeiten waren es 25 000. Der starke Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland hat Pegida neuen Auftrieb gegeben. Angesichts der großen Herausforderung, vor der das Land bei der Zuwanderung steht, und der Gefühle der Unsicherheit, die dies bei vielen auslöst, muss es eher als ein Zeichen der politischen Reife gewertet werden, dass der Zustrom so gering ist.

Pegida ist und bleibt vorerst ein lokales Phänomen

Zudem darf nicht vergessen werden: Pegida ist und bleibt vorerst ein lokales Phänomen. Alle Versuche, Pegida in Berlin, Köln oder Bonn zu klonen, sind jämmerlich gescheitert. Die Zahl der Gegendemonstranten war schnell höher.

Es ist aber nicht auszuschließen, dass es auch anderswo wieder losgeht. Denn in der Bevölkerung gibt es ein Potenzial für eine populistisch aufgeladene Empörungsbewegung, die mit rechtsextremen und ausländerfeindlichen Parolen auf die Straßen drängt. Auch anderswo gibt es eine erschreckend große Anzahl von Menschen, die ihren Glauben an die Demokratie verloren haben, die Politiker pauschal als korrupt und Medien pauschal als falsch berichtend und manipulativ diffamieren.

Durchaus bemerkenswert ist, dass sowohl in Sachsen als auch im Rest der Republik diejenigen, die so denken und meinen, dies endlich auch öffentlich sagen zu dürfen, durch den Zuzug von Menschen in ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz nicht bedroht sind. Ihnen drohen unmittelbar keine finanziellen Nachteile oder der soziale Abstieg, wenn Deutschland bunter wird.

Belastungsprobe für die Demokratie

Auch der Aufschwung, den die rechtsextreme Abspaltung der ohnehin schon rechten AfD zuletzt in den Umfragen genommen hat, ist ein Alarmsignal. Die Gesellschaft muss damit rechnen, dass die politisch Frustrierten auch hierzulande parteipolitisch eine Heimat finden und sich in den Parlamenten etablieren. Die Lage ist ernst. Dem Gemeinwesen steht eine harte Bewährungsprobe bevor.

Wie geht die Gesellschaft am besten mit dem Problem um? Mit klarer Sprache, Ausgrenzung der Mitläufer und Härte in der Auseinandersetzung: Die Demokraten müssen das Visier herunterklappen. Es darf keine Toleranz für ausländerfeindliche Parolen geben. Der Weg, den Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache gewählt hat, ist richtig: Für die kruden Botschaften der Pegida-Anhänger darf kein Verständnis aufgebracht werden. Die Menschen können nur davor gewarnt werden, Bachmann und Konsorten hinterherzulaufen.

Ihre Parolen sind Gift für das friedliche Zusammenleben in Deutschland. Dies gilt umso mehr, zumal sich Pegida permanent radikalisiert. Dies ist an der Wortwahl und den Plakaten zu erkennen, die in Dresden gezeigt werden. Die Begriffe „Asylschmarotzer“und „Invasoren“ fallen dort inzwischen regelmäßig. Offensichtlich reicht das hässliche Wort auch manchem Pegida-Anhänger längst nicht mehr: Die Zahl der Überfälle auf Asylbewerberunterkünfte ist jedenfalls in Sachsen besonders hoch. Die geistigen Brandstifter dafür sitzen bei den Pegiden.