In den vergangenen Monaten sorgte die Aufnahmebereitschaft der Deutschen für die Flüchtlinge weltweit Schlagzeilen. Wenige Monate später ist von einem Kippen der Stimmung die Rede. In Birkach kam es bei einer Bezirksbeiratssitzung zu neuen Unterkünften zum Eklat. In dem Bezirk zeige sich exemplarisch, woher die neuen Zweifel kommen, findet der Kommentator. Foto: dpa

Bei einer Bezirksbeiratssitzung zu neuen Flüchtlingsunterkünften zeigt sich der Widerstand. Der Streit entzündet sich an der Belegung der Alfred-Wais-Halle. Ein Kommentar.

Birkach - Der Sommer ist vorbei und mit ihm ist der deutsche Rausch der guten Tat der Kälte gewichen. Immer weniger Deutsche glauben, dass wir es schaffen, um in den Worten von Angela Merkel zur Flüchtlingskrise zu bleiben. Die Reaktionen einiger Bürger in Birkach zeigen, woran es hakt. Es sind nicht die Zahlen der ankommenden Flüchtlinge an sich, die ängstigen, sondern die Tatsache, dass ihre Ankunft auch das Leben der Menschen verändert. Die Flüchtlinge bescheren uns nicht mehr nur fünf Minuten in den Abendnachrichten, die ans Herz gehen.

Alternativen ausloten

Sie nehmen wie in Birkach Sportlern ihre Turnhalle weg. Sie bringen ein Vereinsleben durcheinander, vielleicht fällt sogar ein Yogakurs aus. Im Vergleich zu der Not der Syrer, die vor mordenden Milizen und den Chlorgasbomben eines Diktators fliehen, wirken solche Entbehrungen bescheiden. Aber es sind die Nöte der Einheimischen und einige von ihnen pochen darauf, dass das Gemeinwesen erst einmal ihnen verpflichtet ist. Das ist nicht der pure Edelmut, aber es ist wohl menschlich. Wer Angst hat, etwas weggenommen zu bekommen, kann sich vielleicht mit Alternativen bescheiden. Das kann im Fall der Birkacher Sportler ein Ausweichen auf andere Räumlichkeiten in und außerhalb des Bezirks sein.

Nur eine Minderheit will teilen

Es lohnt sich für die Stadt, dem TSV Birkach zu helfen und die Sportler nicht zu verprellen. Nicht nur in Birkach gibt es wohl nur eine Minderheit, die ohne mit der Wimper zu zucken bereit wäre, zu teilen. Weitaus mehr Leute haben ihre Position zu den Flüchtlingen noch nicht geklärt. Sie sind mal gerührt, mal ängstlich, mal hilfsbereit, mal unwillig, wenn der Flüchtlingszustrom eine Zumutung bedeutet. Es sollte das Ziel für kluge Politik sein, diese Gruppe mitzunehmen. Gefährlich wird es, wenn diejenigen mit Ressentiments die Zögerlichen auf ihre Seite ziehen. Wer Flüchtlinge mit den Attentätern von Ankara gleichsetzt – wie ein Bürger es bei der Bezirksbeiratssitzung getan hat – hätte Widerspruch verdient. Doch die anwesenden Birkacher blieben stumm. Da braut sich Ungutes zusammen.

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