Bisher bezahlen die Konsulate den muttersprachlichen Unterricht – und das soll auch so bleiben Foto: dpa

Muttersprachlicher Unterricht ist viel wert – aber nicht 60 Millionen Euro, kommentiert Landesredakteur Arnold Rieger.

Stuttgart - Viele Migrantenfamilien unterhalten sich zu Hause nicht auf Deutsch, sondern in der Sprache ihres Herkunftslands. Das ist menschlich verständlich und auch gar kein Schaden für die Gesellschaft, solange die Deutschkenntnisse darunter nicht leiden. Dass diese an erster Stelle stehen, dürfte sich herumgesprochen haben. Man kann also durchaus zum Schluss kommen, dass man die Migranten mit der Pflege ihrer Muttersprache sich selbst überlassen kann. Doch damit würde man nicht nur Ressourcen verschwenden, sondern auch Integrationschancen vertun.

Denn mittlerweile weiß man, dass es hilfreich für die Persönlichkeitsentwicklung junger Zuwanderer ist, wenn sie sich aktiv mit ihrer Herkunft auseinandersetzen. Wenn sie lernen, dass man deutsch sein kann, ohne die Wurzeln kappen zu müssen. Insofern ist es gut, dass am Wert des muttersprachlichen Unterrichts keine Zweifel mehr laut werden. Noch vor wenigen Jahren war das anders, als etwa der OB der badischen Stadt Rastatt die Schulräume für diese Art Unterricht abschloss, weil er ein Integrationshindernis witterte.

Es geht also nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie dieses Angebots. Da wäre es natürlich wünschenswert, wenn das Land den Daumen auf den pädagogische Standards hätte und die Inhalte im Türkisch- oder Italienischunterricht mitbestimmte. Doch das würde 60-mal mehr kosten als die eine Million Euro, die gegenwärtig an staatlichen Zuschüssen fließen. Es ist gut, dass der Kultusminister hier Realitätssinn beweist und das Koalitionsvorhaben auf die lange Bank schiebt, auch wenn die Grünen murren. Denn es gibt Wichtigeres an Baden-Württembergs Schulen zu finanzieren – zum Beispiel den Ganztagsunterricht, von dem letztlich auch Migranten profitieren.