Gigaliner - Daimler will sie auch in Baden-Württemberg auf die Straßen bringen Foto: StN

Um seine Werke im Südwesten klimaschonend beliefern zu können, will der Autobauer Daimler auf 17 Strecken im Land die umstrittenen Riesenlastwagen einsetzen. Eine sachliche Debatte um die Lang-LKW ist nötig, kommentiert Michael Gerster.

Stuttgart - Schon ein mal hat der Daimler-Konzern Riesenlaster auf die Straße geschickt. Zwischen September 2006 und September 2008 transportierte ein 25 Meter langer sogenannter Ecokombi Motoren vom Werk Untertürkheim nach Sindelfingen. Doch die Vorbehalte der von den Gegnern auch gerne „Monstertrucks“ getauften Lkw waren nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch beim damaligen Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) groß: Befürchtet wurden kaputte Straßen, ein erhöhtes Unfallrisiko wegen riskanter Überholmanöver und die Verlagerung von Transportkapazitäten von der Schiene auf die Straße. Der Testbetrieb wurde wiedereingestellt.

Gut sechs Jahre später unternimmt Daimler erneut einen Versuch und hat Sondergenehmigungen für 17 Strecken beim Wirtschafts- und Verkehrsministerium des Landes beantragt. Der Grund ist einfach: Der Druck wächst, neue Vorschriften aus der EU drohen. Demnach soll die Transportbranche bis zum Jahr 2030 etwa 30 Prozent des klimaschädlichen Kohlendioxids einsparen. Für die Hersteller wie Logistiker ist dies eine große Herausforderung. Denn die Motoren sind bereits ausgereizt, auch an der Aerodynamik der Laster lässt sich nicht mehr groß feilen. Jede weitere Einsparung wäre daher mit enormen Kosten verbunden. Mit den Lang-Lkw dagegen ließen sich relativ schnell und kostengünstig Sprit und CO2 einsparen.

Tatsächlich spricht wenig gegen den Einsatz der Lang-Lkw. Seit zwei Jahren läuft ein bundesweiter Feldversuch, dem sich die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg jedoch konsequent verweigert. Vor wenigen Wochen hat die Bundesanstalt für Straßenwesen, die den Test wissenschaftlich begleitet, einen Zwischenbericht vorgelegt. Die Ergebnisse sind eindeutig. Die Infrastruktur wird durch die Lkw, die wie reguläre Laster nur 40 Tonnen transportieren dürfen, nicht übermäßig belastet. Da die Fahrzeuge mit modernsten Sicherheitssystemen ausgestattet sind, kam es zu keinen nennenswerten Verkehrsstörungen. Dafür lassen sich aber durch zwei Lang-Lkw drei reguläre Laster ersetzen und damit bis zu 25 Prozent Sprit einsparen. „Die Lastwagen rollen unauffällig im Verkehr mit“, lautet knapp die Bilanz.

Angesichts dieser Fakten ist es doch erstaunlich, mit welcher Hartnäckigkeit Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bei seiner Ablehnung der Lang-Lkw bleibt. Außer der diffusen Furcht davor, dass die von ihm angestrebte Verlagerung der Transporte von der Straße auf Schiene und Wasser verzögert werden könnte, kommen kaum Argumente.

Dabei ist der Einsatz von Lang-Lkw ohnehin nur auf Strecken sinnvoll, die von der Bahn gar nicht bedient werden können. Der Verband der Spediteure spricht von lediglich fünf Prozent der Lkw-Verkehre, die geeignet sind. Ganz abgesehen davon, dass die Bahnstrecken längst an der Kapazitätsgrenze sind und auch der Ausbau der Wasserstraßen gerade in Baden-Württemberg noch viele Jahre dauern wird. Lang-Lkw können somit ein kleiner Baustein im Kampf gegen den Klimawandel und den drohenden Verkehrskollaps auf den Straßen sein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Deutlich pragmatischer geht das von der SPD geführte Wirtschaftsministerium mit dem Thema um. Dort zeigt man sich angesichts der Ergebnisse des Zwischenberichts zum Feldversuch „offen, den Dialog mit der Wirtschaft im Licht der neuen Erkenntnisse wiederaufzunehmen und pragmatische Lösungen zu diskutieren“. Eigentlich das Mindeste, was ein großes Unternehmen von der Politik erwarten darf.