Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Gauweiler will sich Seehofers Druck in Sachen Euro nicht länger beugen Foto: dpa

Euro-Rebell Gauweiler geht erhobenen Hauptes. Dass einer wie er sich den Lockrufen der AfD ergeben könnte – einer Partei, die ihre Euro-Kritik längst im rechten Schmuddelmilieu vergessen hat –, erscheint deshalb mehr als abwegig, findet unser stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Molitor.

München - Ein Held? Ein Rebell? Ein Außenseiter? Ein Querulant? Peter Gauweiler ist von alledem ein bisschen. Unbequem und unberechenbar, mit dem Hang zur intellektuellen Überheblichkeit und zum großen Wort, aber auch mit einem feinen Gespür für Themen, die den Bürgern am Herzen liegen. Volksnah im wahrsten Sinn. Eigensinnig bis zur Eigenartigkeit.

Gleich wie: Der Abgang des Peter Gauweiler von der politischen Bühne ist ein stolzer. Selbstbewusst und ohne Selbstmitleid. Kühl rechnet er seinem Parteivorsitzenden Horst Seehofer vor, wie falsch, wie fahrlässig der Euro-Kurs der CSU ist, wie weit man sich dabei vom Parteiprogramm entfernt, wie gnadenlos Andersdenkende ausgegrenzt und niedergemacht werden. Dass ihm, dem permanent Unbequemen, Seehofer schon vor gut einer Woche auf dem Kleinen Parteitag – wenn auch nicht namentlich – den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte, wird Gauweiler zusätzlich erzürnt und verletzt haben.

Seehofer hatte in Bamberg angekündigt, noch in diesem Jahr ein Kompetenzteam aufstellen zu wollen, das die „Verantwortung für die nächsten großen Wahlen 2017 und 2018“ tragen soll. Wer dieser Spitzenmannschaft angehören könnte, ließ der CSU-Chef zwar noch offen. Klar ist nur eins: Parteivize Gauweiler ganz sicherlich nicht mehr.

Ein spektakulärer Abgang

Im Grunde ist Gauweiler einem sich quälend und erniedrigend hinziehenden Karriereende mit seinem spektakulären Abgang lediglich zuvorgekommen. Doch dem verletzend sachlich begründeten Entschluss würde dieser verengte Blickwinkel nicht gerecht. Zum einen hält Gauweiler der gesamten Bundesregierung, vor allem aber der Union einen Spiegel vors Gesicht, in dem vor allem eines zu sehen ist: die eilfertige, in Teilen geradezu feige Abstimmungsunterwerfung unter eine europäische Befehlsstruktur, die der Selbstbestimmung durch einen übergriffigen Zeitdruck und unverrückbare Vorgaben nicht selten hohnspricht.

Gauweilers bittere Bilanz lautet: Es gibt – generell – keinen Respekt mehr vor der anderen Meinung und dem Wettstreit der Argumente. Es wird durchregiert und abgehakt. Parteilinie geht über politische Verantwortung, und sei die Mehrheit in einer Großen Koalition noch so bequem wie zermürbend übermächtig. Erst recht, wenn es um den Euro geht. Wie bei einem wie Seehofer, der schon deshalb nicht zu seinem Wort stehen kann, weil er sich unentwegt dreht und wendet. Richtungslos.

Gauweiler legt schonungslos offen, wie er die Sache sieht: Euro-Bonds – kaum etwas anderes ist die Vergemeinschaftung von Staatsschulden durch das jüngste Staatsanleihenankaufprogramm der Europäischen Zentralbank – darf es laut dem CSU-Programm nicht geben. Die Mehrheit der CSU-Abgeordneten, massiv von Seehofer gedrängt, stimmte im Bundestag trotzdem zu. Wie auch der höchst zweifelhaften Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms für Griechenland.

Gauweilers konsequentes Nein aber hält die CSU offensichtlich nicht aus. Weil es wehtut und gut begründet ist. Und so rufen all die, die sich im Hohen Haus nicht nur einmal ängstlich unter Seehofers strengem Blick weggeduckt haben, Gauweiler hinterher, mit ihm ginge – leider, leider – ein kantiger Typ, von dem die Fraktion gut welche brauchen könne. Fehlen werde so einer wie er. Sappradi! Was ebenso stimmt wie die weiß-blaue Tatsache, dass man ihn trotzdem nicht arg vermissen wird.

Gauweiler geht erhobenen Hauptes. Ein Freigeist mit klarer Haltung, wie ein CSU-Grande sagt. Dass einer wie er sich den Lockrufen der AfD ergeben könnte – einer Partei, die ihre Euro-Kritik längst im rechten Schmuddelmilieu vergessen hat –, erscheint deshalb mehr als abwegig.