So sehen Freunde aus, die einen Streit fast begraben haben: Recep Tayyip Erdogan (links) und Wladimir Putin Foto: dpa

Es ist kein Wunder, dass sich Erdogan nach Osten wendet. Die EU hat ihn zuletzt brüskiert, meint unser Türkei-Korrespondent Frank Nordhausen.

Istanbul - Der Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beim Amtskollegen Wladimir Putin ist ein übergroßes Warnsignal für die Europäische Union. Diese hat sich im Umgang mit dem schwierigen Partner am Bosporus nach dem versuchten Staatsstreich kein Ruhmesblatt erworben.

Zu Recht versteht niemand in der Türkei, warum bis heute kein einziger westlicher Spitzenpolitiker nach Ankara gekommen ist, um Regierung und Bürgern Solidarität gegen die Putschisten zuzusichern.

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise reiste Bundeskanzlerin Angela Merkel in sieben Monaten viermal in die Türkei, nach dem blutigen Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung ließ sie es bei Kondolenzfloskeln bewenden. Erst drei Wochen danach bemühte sich mit dem Außenamts-Staatssekretär Markus Ederer erstmals ein Vertreter Berlins nach Ankara – viel zu spät, viel zu niedriger Rang.

Gesten sind eine wichtige Währung in der Politik. Um wie viel glaubhafter könnte der Westen die Türkei kritisieren, wenn er seine Solidarität für die türkische Demokratie und ihre mutigen Demokraten sofort und unmissverständlich bekundet hätte. Jetzt haben nicht nur Anhänger der Regierung das Gefühl, dass vom Westen nichts mehr zu erwarten ist. Es verwundert nicht, dass Erdogan sich andere Freunde sucht.